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deutschen Staaten auf der anderen Seite. Der Bundesstaat ver-
pflichtete sich zur Aufnahme der süddeutschen Staaten unter
gleichzeitiger Abänderung seiner Verfassung, jeder der letzteren
zum Eintritte in den Bund nach Massgabe der anliegenden Ver-
fassung. Diesem Inhalte der Verfassungsverträge entsprach es
vollkommen, dass nach dem Eingange des Vertrages vom 15. No-
vember 1870 der König von Preussen im Namen des norddeutschen
Bundes und die Grossherzöge von Baden und Hessen einen
ewigen Bund zur Erreichung bestimmter Bundeszwecke schlossen,
welcher nachstehende Verfassung haben sollte. Württemberg trat
(diesem Vertrage einfach bei. In dem Vertrage mit Bayern wurde
der Bundeszweck nicht wieder besonders formulirt. Inhalts des
Vertrages nahm jedoch Bayern die Verfassung des norddeutschen
Bundes und damit auch deren Eingang für sich an.
Die Verträge wurden nun in dem norddeutschen Bunde in
der Form von Bundesverfassungsgesetzen, in den süddeutschen
Staaten in der Form von Landesverfassungsgesetzen genchmigt
und publicirt. Da man den Vertragstext selbst zum Gegenstande
(der Gesetzgebung machte, so war es natürlich, dass man auch
den den Vertragsabschluss bekundenden Eingang in das Gesetz
aufnahm. Dieser Umstand spricht aber ebenso wenig dafür, dass
die neue, in den Verträgen enthaltene Verfassung als Vertrag
in Kraft trat, wie dies bei der ursprünglichen Verfassung des
norddeutschen Bundes der Fall war.
Vom Standpunkte des norddeutschen Bundes hatte die Publi-
cation der Verträge in Gesetzesform die Bedeutung, dass an
die Stelle seiner bisherigen Verfassung vom 1. Januar 1871 ab
die neue, in den Verträgen enthaltene trat. Die neue Verfassung
fand als Bundesgesetz ihren Rechtsgrund in der bisherigen. Hatte
die Verfassung des norddeutschen Bundes nicht als Vertrag oder
gemeinsames Landesgesetz, sondern als Bundesrecht in Geltung
gestanden, so konnte auch die neue Verfassung, obgleich in Ver-
tragsurkunden niedergelegt, nichts anderes sein, in keiner anderen
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