Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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Eigenschaft verbindlich werden, als in der eines Gesetzes des 
Bundesstaates, des nunmehrigen Reiches. 
Dagegen erfolgte die Publication der Verträge als Landes- 
gesetze in den süddeutschen Staaten, um vom landesgesetzlichen 
Standpunkte die Succession des in bestimmter Weise verfassungs- 
mässig constituirten Reiches in die Hoheitsrechte der Einzel- 
staaten zu einer legalen zu machen. Wenn nunmehr das Reich 
mit seiner entsprechend neu gestalteten Verfassung vom 1. Ja- 
nuar 1871 ab seine Herrschaft auf die süddeutschen Staaten aus- 
dehnte, so war jene Ausdehnung um jener Landesgesetze willen 
keine usurpirte, sondern eine legitime?®). Da nun aber das 
Bundesrecht überhaupt weder internationales Vertragsrecht noch 
übereinstimmendes Landesrecht war, sondern das Recht der selb- 
ständigen Staatspersönlichkeit des Bundes bezw. Reiches, so 
konnte die Reichsverfassung, wie sie in den Verträgen enthalten 
war, auch in den süddeutschen Staaten nur als Reichsrecht in 
Kraft treten. Damit verpflichtete aber die Reichsverfassung auch 
die süddeutschen Bundesstaaten und deren Unterthanen als Reichs- 
recht und machte sowohl die die Staaten verpflichtenden Verträge 
wie die die Unterthanen verpflichtenden Landesgesetze gegen- 
standslos. Beiden traten wie einst bei Begründung des norld- 
deutschen Bundes als Verträge und als Landesgesetze mit dem 
Augenblicke ihres Inkrafttretens zu Gunsten des Reichsrechtes 
wieder ausser Kraft, nachdem sie ihre Aufgabe der Legalisirung 
der Reichsgewalt vom Standpunkte des bisherigen particularen 
Rechtes für die süddeutschen Staaten erfüllt hatten. 
Die in den Versailler Verträgen enthaltene Reichsverfassung 
23) Der Umstand, dass die bayerische Volksvertretung den Bündniss- 
vertrag erst am 21. Januar 1871 genehmigte, kommt dabei nicht in Betracht. 
Denn da der Vertrag selbst die Bestimmung enthielt, dass er mit dem 
1. Januar 1871 in Kraft trete, so war damit dem Gesetze rückwirkende 
Kraft beigelegt und die mit dem 1. Januar 1871 eintretende Ausdehnung 
der Reichsgewalt auf Bayern nachträglich vom Standpunkte des Landesrechtes 
legalisirt.
	        
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