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sind sie verschieden durch den indirecten Weg, den sie einschlagen;
sie wenden sich gegen die Vergangenheit, um die Zukunft zu
sichern und sind darum verwirkt, sobald der Ungehorsam zu Tage
tritt. Von der eigentlichen Strafe aber unterscheiden sie sich
durch das Ziel, das sie anstreben, indem sie nicht Verhütung
einer strafbaren Handlung, sondern Erzwingung einer concreten
Leistung bezwecken.
Die Ordnungsstrafe der zweiten Gruppe fällt begrifflich mit
der eigentlichen Strafe zusammen und ist nur kraft positiver
Rechtsvorschrift von derselben getrennt. Die Grundsätze des
Strafrechtes und Strafprocesses haben desshalb analoge Anwen-
dung zu finden, wo sie nicht durch ausdrückliche Gesetzesbestim-
mungen ausgeschlossen sind. Cumulirung dieser Art von Ordnungs-
strafe mit der Criminalstrafe ist wegen der begrifflichen Gleichheit
beider unzulässig.
Zu dieser Gruppe von ÖOrdnungsstrafen, die meist gering-
fügige Rechtsverletzungen treffen, gehören vor Allem die Ordnungs-
strafen der Zoll- und Steuergesetze und die Ungebührstrafen des
G.-V.-G.8 179ff.; ferner noch die im G.-V.-G. 88 56 und 96,
H.-G.-B. Art. 251 und Art. 45,2, C.-P.-O. 88 345 und 355, 374
und 579, St.-P.-O. 88 50, 69, 77!9) angedrohten Strafen.
Zur ersten Gruppe rechnet Liszt die Ordnungsstrafen des
Handelsgesetzbuches mit zwei Ausnahmen (s. 0.); es finden sich
derartige Strafen ferner in den Versicherungsgesetzen und in den
Steuergesetzen von 1887.
H. MEyEr!!) definirt die Strafe als denjenigen Nachtheil,
der über Jemand wegen eines unzulässigen Verhaltens von einer
übergeordneten Autorität verhängt wird, um ihm die Unzulässig-
10) S. Lehrbuch S. 238. Im Rechtslexikon lässt Lıszr es noch unent-
schieden, ob die Ordnungsstrafen der letztgenannten Paragraphen der einen
oder anderen Gruppe angehören.
1) H. Meyer, Lehrbuch des deutschen Strafrechts, 4. Aufl., 1. Bd.,
Ss. 9fl.