Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

— 376 — 
aus dem Strafrecht des Strafenden. Dieser bestimmt in jedem 
einzelnen an ihn herantretenden Fall a posteriori, ob eine Hand- 
lung strafbar ist oder nicht, während, wo Strafgesetze existiren, 
durch diese die Normen für Recht und Unrecht ein für allemal 
festgelegt sind, die Strafbarkeit gewisser Thatbestände von vorn- 
herein feststeht. Die Rechtsgeschichte zeigt, wie das Strafrecht 
von der ersten Art der Strafenbestimmung zur letzteren fort- 
schritt. Während die unterste Stufe der Rechtsentwickelung noch 
kein Strafgesetz kennt, und die Strafe sich unmittelbar auf das 
Strafrecht gründet, geht im Recht der Gegenwart bei der staat- 
lichen Strafe das Strafgesetz der Strafe zeitlich wie begrifflich 
voraus, es gilt der Satz: nulla poena sine lege poenali. Dagegen 
hat- das Familienstrafrecht seinem Wesen entsprechend den ersteren 
Standpunkt noch nicht verlassen; in der Familie bestimmt noch 
immer das Haupt derselben die Strafpflichtigkeit einer Handlung 
im einzelnen Fall und setzt Art und Mass der Strafe fest; auch 
in vielen Disciplinarstrafrechten sind die Normen über die Straf- 
barkeit einer Handlung von vornherein nur in den allgemeinsten 
Umrissen gehalten, oder nicht erschöpfend, so dass in beiden 
Fällen der ohne Strafgesetz sich bethätigenden Strafgewalt des 
Strafberechtigten noch ein weiter Spielraum bleibt '!®). 
Für unsere Zwecke kommen jedoch diese letzteren Fälle 
kaum in Betracht; wir haben uns meist nur zu befassen mit der 
Strafe als Rechtsfolge einer Handlung, welche durch das Da- 
zwischentreten eines Strafgesetzes sich als Normübertretung cha- 
rakterisirt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Strafe nicht die 
einzige Rechtsfolge einer Normübertretung ist; die Normübertretung 
kann auch als ihre Rechtsfolge den Erfüllungszwang oder den 
Entschädigungszwang auslösen. Jeder Rechtssatz, welcher die Folge 
einer Normwidrigkeit enthält, gehört entweder dem Gebiet des 
15. Juni 1883 
18 : ı r _ —_l 
) S. auch neuerdings Krankenversicherungsgesetz vom 10. April 1893 
8 68.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.