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überhaupt als Strafe im Rechtssinn für uns in Betracht kommt.
Denn auch die nicht staatliche Strafe finden wir im heutigen
Recht nur noch als Strafe für die Verletzung der Interessen eines
besonderen Rechtskreises, nicht mehr aber als Strafe für den Bruch
des öffentlichen Rechts, wie das noch in der Zeit der Patrimonial-
gerichtsbarkeit der Fall war. Ein vom Staat an andere Rechts-
gruppen delegirtes Öffentliches Strafrecht ist durch die fort-
schreitende Rechtsentwicklung beseitigt.
Durch diese Ausführungen kommen wir dazu, innerhalb der
Strafe den begrifflichen Unterschied zu ziehen nicht mehr zwischen
staatlicher und nichtstaatlicher Strafe, auch nicht mehr zwischen
Criminal-, Disciplinar- und Ordnungsstrafe. Vielmehr ist die
Strafe einzuteilen I)in die Strafe, welche der Staat für
den Bruch der öffentlichen Rechtsordnung verhängt,
und 2) die Strafe, welche ein vom Staatals dem Inhaber
der öffentlich-rechtlichen Strafgewalt verschiedener
Rechtskreis für die Verletzung des Rechts oder
der Interessen dieses Rechtskreises verhängt.
Die erstere Strafart bezeichnen wir als öffentlich-rechtliche
Strafe, die letztere Strafart als autonome Strafe.
Unter Autonomie verstehen wir die vom Staat anerkannte
Befugniss von Unterthanen, für ihre eigenen Verhältnisse Recht
zu setzen. Analog haben wir unter autonomem Strafrecht die
Befugniss bestimmter vom Staat verschiedener Rechtskreise zu
verstehen, die Verletzung ihrer besonderen Interessen selbst mit
Strafe zu belegen. Wie sich die Autonomie einerseits vom Ge-
setz, andererseits von der sogenannten unechten Autonomie, der
lex contractus unterscheidet, so das autonome Strafrecht einer-
seits vom öffentlichen Strafrecht, andererseits von dem fälschlich
als Strafrecht bezeichneten Conventionalstrafrecht.
Von der Privatstrafe abgesehen, deren Theorie hier unerörtert
bleiben kann, gehören sämmtliche Strafen, soweit sie nicht öffent-
lich-rechtliche Strafen sind, also insbesondere die Disciplinar-