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Defraudationsstrafe keine Anwendung finden. Immerhin liegt aber
in der Nichtverzollung oder -Versteuerung eine Verletzung der
Vorschriften des Gesetzes; ist diese vorsätzlich geschehen, d. h.
hat der Thäter die Handlung, welche die Gesetzesverletzung in
sich schliesst, bewusst und gewollt verwirklicht, so tritt Ordnungs-
strafe ein 3°); nicht dagegen, wenn der Vorsatz fehlte‘); denn
auch die Zollordnungsstrafe untersteht den allgemeinen Regeln
über die Verschuldung.
Bezüglich der Strafenconcurrenz enthalten die Zoll- und
Steuergesetze vielfach vom gemeinen Recht abweichende Bestim-
mungen.
Wir fassen unter dem Begriff der Concurrenz sowohl die
Gesetzes-, als die Ideal-, als weiter die Realconcurrenz zusammen.
Alle drei Arten finden sich in den Zollgesetzen.
Gesetzesconcurrenz liegt dann vor, wenn von mehreren durch
eine Handlung verletzten Strafgesetzen eines die Handlung nach
allen ihren Seiten berücksichtigt, so dass T’hatbestand und Ver-
brechensbegriff sich vollständig decken; das ist insbesondere der
Fall im Verhältniss vom allgemeinen und speciellen Strafgesetz.
Hier hat das gemeine Recht den Satz aufgestellt: lex specialis
derogat legi generali, d. h. es wird immer nur gestraft aus dem
Gesetzesparagraphen, welcher die strafbare Handlung nach allen
ihren Richtungen hin umfasst (s. Liszt, Lehrbuch des deutschen
Strafrechts, 3. Aufl., S. 229).
Der Hauptfall dieser Gesetzesconcurrenz in den Zoll- und
Steuergesetzen ist der, dass generell die Uebertretung einer jeden
®) „Die Uebertretung der Vorschriften dieses Gesetzes, sowie der in
Folge derselben öffentlich bekannt gemachten Verwaltungsvorschriften wird,
sofern keine besondere Strafe angedroht ist, mit einer Ordnungsstrafe bis zu
150 M. geahndet.* V.-2.-G. $ 152. Ebenso die übrigen Gesetze.
4%) So, wenn der Thäter gar nicht weiss, dass er Gegenstände, welche
Contrebande sind, bei sich führt. Hier kann auch keine Ordnungsstrafe
eintreten, ebenso wie dieselbe dann ausfällt, wenn der Thäter unzurechnungs-
tähig ist.