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strafe. Doch ist die ganze Unterscheidung zwischen autonomer
und disciplinärer Strafe ohne rechtliche Bedeutung, und oft auch
schwer durchzuführen®)). Für die Disciplinarstrafe sind keine
anderen Grundsätze massgebend als für die autonome Strafe
überhaupt. Es wäre desshalb besser, den ganzen Begriff der
Disciplinarstrafe über Bord zu werfen und nur noch mit dem
Begriff der autonomen Strafe zu operiren. Die Grenzstreitigkeiten
über den Umfang der Disciplinarstrafe nehmen nur desshalb kein
Ende, weil der herkömmliche Begriff derselben, wie er sich aus
dem Wort ergibt, nicht mehr zu den vielgestaltigen, durch den
neuen, corporativen Ausbau unseres Gesellschaftslebens geschaffenen
Strafarten passt, diese vielmehr dem Begriff, wie der Begriff dem
Wort, längst entwachsen sind und nun ihrer juristischen Einfügung
in das alte Gebäude der Disciplinarstrafe spotten. In den neuen,
breiteren Rahmen der autonomen Strafe dagegen lassen sie sich
ohne Mühe einfügen; die juristische Construction wird wesentlich
leichter, die Theorien bedeutend einfacher, wenn wir lediglich mit
dem umfassenderen Begriff der autonomen Strafe operiren.
Wir schliessen daher in das Gebiet der autonomen Strafe
alle diejenigen Strafarten ein, die bisher in nicht immer klarer
Weise bald als Disciplinar-, bald als Ordnungs-, bald als Ungebühr-
strafen bezeichnet wurden. Es fällt somit in den Begriff des
autonomen Strafrechts
1. das ganze correktionelle Strafrecht;
2. das Dienststrafrecht (unmittelbarer und mittelbarer Staats-
beamter, Gemeindebeamter, Kirchenbeamter, Officiere und Reserve-
officiere, Rechtsanwälte und Notare etc.);
3. das Strafrecht von Corporationen und Anstalten, soweit
denselben vom Staat Strafbefugnisse verliehen sind;
51) So z, B. bei der Strafe des $ 78 Z. 2 des Unfallversicherungs-
gesetzes. Der Versicherte ist juristisch kein Angehöriger der Berufs-
genossenschaft; thatsächlich gehört er jedoch der Interessensphäre des
strafberechtigten autonomen Rechtskreises an.