Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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Massgabe dieser Gesetze, nicht nach den Bestimmungen des 
8 28 ff. R.-St.-G.-B. erfolgen, wieder ein Beweis gegen die Natur 
der Zeugenstrafe als öffentlich-rechtlicher Strafe 2). 
Keime öffentlich-rechtliche Strafe, sondern Ausfluss autonomer 
Strafgewalt der Gerichte ist ferner die Strafe aus 8 775 R.-C.-P.-O. 
Die Unterlassung einer durch Urtheil auferlegten Handlung ist 
kein Bruch der öffentlichen Rechtsordnung, keine öffentlich-recht- 
lich strafbare Handlung, kein Vergehen nach $ 1 R.-St.-G.-B. 
Es liegt in ihr nur eine Auflehnung gegen einen vom Gericht 
gegebenen Befehl, folglich eine Verletzung der autonomen Rechts- 
sphäre des Gerichts. Desshalb wird die Strafe auch ausgesprochen 
vom Processgericht, nicht vom Strafgericht, und geschieht die 
Zuerkennung derselben in civilprocessualen, nicht strafprocessualen 
Formen, und ist das Rechtsmittel gegen den die Strafe aus- 
sprechenden Beschluss die Beschwerde des Oivilprocesses. Um- 
wandlung einer nicht beitreibbaren, auf Grund des $ 775 aus- 
gesprochenen Geldstrafe in Freiheitsstrafe findet nach den oben 
ausgesprochenen Grundsätzen nicht statt. 
Als Ausfluss autonomer Strafgewalt der Gerichte erscheinen 
uns weiterhin die Ordnungsstrafen aus 8$ 177 ff. G.-V.-G. 
In einer Störung der Ordnung oder ungebührlichen Auf- 
führung vor Gericht liegt zunächst noch kein Bruch des öffent- 
lichen Rechts, sondern nur eine Verletzung der autonomen 
62) Auch die Bestimmung in $ 31 des Patentgesetzes und $ 19 des 
Reichsgesetzes betr. die Untersuchung von Seeunfällen, wonach Strafen gegen 
Zeugen, welche sich weigern vor dem Patent- oder Seemannsamt zu er- 
scheinen , nicht von diesen Aemtern, sondern auf Ersuchen derselben, von 
dem zuständigen Gerichte zu verhängen sind, kann nicht als Beweis gegen 
den autonomen Strafcharakter dieser Massregeln angeführt werden. Das Ge- 
richt ist bei der Strafverhängung nur beauftragtes Organ, nicht selbst straf- 
berechtigt. Weder straft es als autonome Behörde in eigener Sache, noch als 
Strafgericht wegen Verletzung der öffentlichen Rechtsordnung, sondern es 
übt nur das autonome Strafrecht anderer Behörden aus. Es erklärt sich aus 
Rücksichten der Zweckmässigkeit, wenn den betreffenden Aemtern versagt 
wurde, Verfehlungen gegen ihren Rechtskreis unmittelbar zu strafen.
	        
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