— 410 —
Massgabe dieser Gesetze, nicht nach den Bestimmungen des
8 28 ff. R.-St.-G.-B. erfolgen, wieder ein Beweis gegen die Natur
der Zeugenstrafe als öffentlich-rechtlicher Strafe 2).
Keime öffentlich-rechtliche Strafe, sondern Ausfluss autonomer
Strafgewalt der Gerichte ist ferner die Strafe aus 8 775 R.-C.-P.-O.
Die Unterlassung einer durch Urtheil auferlegten Handlung ist
kein Bruch der öffentlichen Rechtsordnung, keine öffentlich-recht-
lich strafbare Handlung, kein Vergehen nach $ 1 R.-St.-G.-B.
Es liegt in ihr nur eine Auflehnung gegen einen vom Gericht
gegebenen Befehl, folglich eine Verletzung der autonomen Rechts-
sphäre des Gerichts. Desshalb wird die Strafe auch ausgesprochen
vom Processgericht, nicht vom Strafgericht, und geschieht die
Zuerkennung derselben in civilprocessualen, nicht strafprocessualen
Formen, und ist das Rechtsmittel gegen den die Strafe aus-
sprechenden Beschluss die Beschwerde des Oivilprocesses. Um-
wandlung einer nicht beitreibbaren, auf Grund des $ 775 aus-
gesprochenen Geldstrafe in Freiheitsstrafe findet nach den oben
ausgesprochenen Grundsätzen nicht statt.
Als Ausfluss autonomer Strafgewalt der Gerichte erscheinen
uns weiterhin die Ordnungsstrafen aus 8$ 177 ff. G.-V.-G.
In einer Störung der Ordnung oder ungebührlichen Auf-
führung vor Gericht liegt zunächst noch kein Bruch des öffent-
lichen Rechts, sondern nur eine Verletzung der autonomen
62) Auch die Bestimmung in $ 31 des Patentgesetzes und $ 19 des
Reichsgesetzes betr. die Untersuchung von Seeunfällen, wonach Strafen gegen
Zeugen, welche sich weigern vor dem Patent- oder Seemannsamt zu er-
scheinen , nicht von diesen Aemtern, sondern auf Ersuchen derselben, von
dem zuständigen Gerichte zu verhängen sind, kann nicht als Beweis gegen
den autonomen Strafcharakter dieser Massregeln angeführt werden. Das Ge-
richt ist bei der Strafverhängung nur beauftragtes Organ, nicht selbst straf-
berechtigt. Weder straft es als autonome Behörde in eigener Sache, noch als
Strafgericht wegen Verletzung der öffentlichen Rechtsordnung, sondern es
übt nur das autonome Strafrecht anderer Behörden aus. Es erklärt sich aus
Rücksichten der Zweckmässigkeit, wenn den betreffenden Aemtern versagt
wurde, Verfehlungen gegen ihren Rechtskreis unmittelbar zu strafen.