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dem Grunde dieses Vorgehens auf. Die Beantwortung dieser
Frage liefert uns gleichzeitig die Antwort auf die Frage, ob das
Institut in das private oder öffentliche Recht gehöre.
Der Mitgebrauch mehrerer Kirchengesellschaften an einer
und derselben Kirche führt naturgemäss nicht selten zu confes-
sionellen Zwistigkeiten, bildet leicht die Quelle tiefgehender Strei-
tigkeiten, durch die breite Volksschichten in dauernde Erregung
versetzt werden, und das friedliche Nebeneinanderleben der Staats-
bürger gefährdet wird. Der Staat hat die Pflicht und das Recht
hier einzugreifen. Er hat die streitigen Verhältnisse durch seine
Organe, die Richter oder die Vollzugsbeamten zu ordnen. Vor
Allem aber muss er seine Aufgabe darin erblicken, das Entstehen
solcher Streitigkeiten zu verhüten, er muss gewissermassen pro-
phylaktisch thätig werden. Er stellt eigene Normen für diesen
Zweck auf, denn es handelt sich nicht bloss um die Interessen
Einzelner, sondern um solche des Ganzen, des Staates.
Das Simultaneum steht daher in einzelnen Staaten zum Theil
unter besonderen Normen. Aber wir werden sehen, dass diese
Normen nicht so abweichender Art sind, dass dadurch das In-
stitut seinen eigentlichen Rechtscharakter veränderte.
Ist das Simultaneum öffentlich-rechtlichen oder privatrecht-
lichen Charakters?
Der Unterschied zwischen öffentlichem und privatem Recht
wird im Anschluss an die Römer auch noch heute zumeist in
der Verschiedenheit der Interessen — öffentlichen, privaten —
gefunden. Lassen wir statt aller GArzıs°3) reden: „Diejenigen
Rechtsnormen, durch welche Interessen des oder der Gemein-
wesen zu rechtlich geschützten Interessen erhoben, Güter des oder
der Gemeinwesen als Rechtsgüter anerkannt werden, heissen in
ihrer Zusammenfassung öffentliches Recht.* Diese Definition ist
582) Encyclopädie und Methodologie der Rechtswissenschaft. Giessen 1887.
Ss. 51 ff.