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Richtigkeit derselben in sehr selbstständiger Weise, für den Praktiker, der
sich Raths erholen will, vielleicht nur zu selbstständig.
Für das öffentliche Recht bieten einiges Interesse die Ausführungen
des Verfassers über die intercantonalen und internationalen Fragen der
Staatsangehörigkeit. Freilich verzichtet der Verfasser auf eine systematische
Darstellung dieser schwierigen Materie und beschränkt sich bloss darauf,
einige wichtige Fälle, welche Gegenstand von Entscheidungen waren, zu be-
leuchten. Zuzustimmen ist dabei dem Verfasser, wenn er (gegen Huskr,
Schweizerisches Privatrecht, I. S. 145) das Gemeindebürgerrecht als noth-
wendige Voraussetzung des cantonalen und schweizerischen Bürgerrechts hin-
stellt: C’est un vetement forme des trois &toffes superposces (S. 7).
Von hervorragend praktischem Werthe sind die Ausführungen über den
Art. 59 der schweizerischen Bundesverfassung (Gerichtsstand für Forderungs-
streitsachen) und der Commentar zum französisch-schweizerischen Vertrag
über den Gerichtsstand und die Vollziehung von Urtheilen in Civilsachen
v. 15. Juni 1869. Der Verfasser hat bercits im Jahre 1880 eine vom schwei-
zerischen Juristenverein gekrönte Preisschrift über den Art. 59 veröffentlicht
und seine Aufstellungen nunmehr durch die Anführung der bisherigen Re-
curspraxis ergänzt. Durch seine langjährige Eigenschaft als Legationsrath
der schweizerischen Gesandtschaft ın Paris war er in die Lage versetzt, eine
Fülle praktischen Materials über den französisch-schweizerischen Vertrag
zu sammeln.
Der Staatsvertrag mit Frankreich ist in Folge seiner ungenauen Re-
daktion von jeher Gegenstand der verschiedenartigsten Auslegung gewesen
und die Gerichtspraxis der französischen Gerichte weicht häufig von der
schweizerischen ab. Hier ist es belehrend, dem Verfasser zu folgen, wie er
zu diesen Differenzen Stellung nimmt. Die so interessante Bestimmung in
Art. 17 dieses Vertrages: „Eine Vollziehung des Urtheils kann verweigert
werden... 3) wenn die Normen des öffentlichen Rechts oder die Interessen
der öffentlichen Ordnung des Landes, wo die Vollziehung verlangt wird, der
Vollziehung .. . entgegenstehen,“ hat der Verfasser nur gestreift (S. 811 u. 812).
Der reichhaltige Inhalt des Werkes sowie der uns zur Verfügung stehende
Raum gestatten ein näheres Eingehen auf die Einzelheiten nicht. Wir fassen
unser Urtheil dahin zusammen, dass wir es mit einer gründlichen und für
den Praktiker werthvollen Arbeit zu thun haben.
Ein Sachregister wird vom Benutzer des Buches nur ungern vermisst
werden. Die häufigen und starken Abkürzungen sind für den Leser sehr
störend. A. Affolter.
Dr. Paul Heilborn, Das völkerrechtliche Protectorat. Berlin,
J. Springer, 1891. 187 8. 8°.
Das Interesse an den durch die neuere coloniale Bewegung geschaffenen
oder wenigstens zu grösserer aktueller Bedeutung gebrachten Rechtsfragen