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spiele Preussens und Oesterreichs folgend — allen in ihren Territorien be-
findlichen, wenn auch fremden Schutzbedürftigen den vormundschaftlichen
Schutz gewähren mögen, wird gewiss Jeder theilen; aber diese Fürsorge für
Angehörige fremder Staaten würde unseres Erachtens nicht als eine Be-
thätigung der territorialen Souveränetät, sondern als eine Art negotiorum
gestio für den fremden Staat aufzufassen sein und daher die prinzipielle
Initiative des durch seine Consuln vertretenen fremden Staates nicht alteriren.
In Preussen gilt dies nach 8 6 Abs. 3 der Vormundschaftsordnung schon jetzt.
Auffallend ist, dass der Verfasser die in einigen Verträgen des deutschen
Reiches mit anderen Staaten getroffene eigenthümliche Vereinbarung uner-
wähnt lässt, nach welcher die Consularbeamten nicht als Vormundschafts-
behörde, sondern selbst als Vormünder der Waisen und Minderjährigen
ihres Landes ohne Weiteres angesehen bezw. als solche von der Ortsbehörde
bestellt werden sollen. (Vgl. u. A. Vertrag mit dem Freistaate Costa-Rica
vom 18. Mai 1865, Art. 30, R.-G.-Bl. 1877, S. 13, Consularvertrag mit Brasilien
vom 10. Januar 1882, R.-G.-Bl. S. 69, Art. 21).
Das Buch ist in elegantem Französisch und sehr anregend geschrieben
und zeugt von umfassender Sachkenntniss, hohem Gedankenfluge und glühen-
dem Patriotismus seines rumänischen Verfassers.
Dr. Muskat.
Das Allgemeine Berggesetz für das Königreich Sachsen.
Nach amtlichen Quellen erläutert von Dr. & H. Wahle, Bergamts-
rath und Professor des Bergrechts und der allgemeinen Rechtskunde
an der königlich sächsischen Bergakademie zu Freiberg in Sachsen.
Freiberg, Verlag von Lenz & Gerlach (Joh. Stettern). 1891. O. 8.843.
Wie getrennt von den übrigen Rechtsmaterien das Bergrecht auch zu
sein scheint, so eng hängt es mit fast allen Gebieten des öffentlichen und
Privatrechts zusammen. Insbesondere gehört zur Kenntniss des Bergwesens
die Einsicht in die gesammte Arbeiterfürsorge und in die Gewerbegesetz-
gebung. Der nunmehr in die Nachfolgeschaft des zu früh verstorbenen Berg-
amtsdirectors LEUTHOLD aufgerückte Verfasser will das gesammte Recht dar-
stellen, soweit es auf den sächsischen Bergbau Bezug hat. Sein Werk bringt
daher nicht bloss den Text der sächsischen Berggesetze vom 22. Mai 1851
und 16. Juni 1868 (soweit letzteres das erstere aufrecht erhalten hat), sondern
auch u. A. die auf das Bergwesen bezüglichen Abschnitte des Reichskranken-,
Reichsunfall- und Reichsinvaliditätsversicherungsgesetzes, der Reichsgewerbe-
ordnung, der besonderen und allgemeinen Besteuerungsvorschriften, der
polizeilichen Anordnungen über Dampfkessel und Bergwerksbetrieb, das
Statut des sächsischen Knappschaftsvereins, welcher letztere zugleich eine
Kasseneinrichtung im Sinne der $$ 6 und 7 des Reichgesetzes vom 22. Juni
1889 darstellt.
Dem eigentlichen Werke vorausgeschickt sind ein Ueberblick über die
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