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gesellschaften er treffen will. Es kann für ıhn praktisch sein,
die Verhältnisse aller religiösen Bildungen zu berücksichtigen,
oder aber er hält es für genügend, lediglich die katholische und
die protestantische Kirche zu erwähnen, weil die Conflicte der
kleineren Religionsgesellschaften für ihn des allgemeineren Inter-
esses entbehren und demnach besonderer Regelung nicht zu be-
dürfen scheinen. Wie gesagt, das hat jeder Staat mit sich selbst
auszumachen.
Bayern z. B. spricht von „Religionsparteien“. Darunter fallen
in erster Linie die drei grossen Religionsgesellschaften, aber
auch alle anderen religiösen Bildungen, selbst die religiösen
Vereine. Da aber der $ 90 weiter von „Gemeinde“ und „Kirchen“
spricht, so kann es sich im bayerischen Recht nur um die öffent-
lichen und die Privatkirchengesellschaften handeln. Damit sagt
der Staat nun nicht etwa: für die anderen Religionsgesellschaften
sind Simultanverhältnisse unmöglich, sondern nur: diese letzteren,
wenn sie entstehen, bieten für mich nicht das allgemeine Interesse
dar, sie fallen nicht unter meine besonderen Normen, sondern
unter das gewöhnliche bürgerliche Recht.
3. Nicht zutreffend Meurer 5%),
Mevrer unterscheidet das Institut nach seinem Bestande und
seiner Ausübung.
Er geht dabei von folgenden Sätzen aus. „Jede Rechts-
ordnung bestimmt, was sie als Privatrecht gelten lässt. Nur
diese Willenskundgebung ist bestimmend. Gesetz und Gewohn-
heit sind zu befragen, naturrechtliche Erwägungen sind bedeu-
tungslos.* Diesem Satz kann man gern beistimmen. Die Grenze
zwischen den beiden Rechtsgebieten ist flüssig und nur positiv-
rechtlich zu ziehen, denn, was heute für das öffentliche Leben
so wichtig ıst, dass ihm der Staat nothgedrungen besondere Auf-
merksamkeit zuwenden muss, kann morgen für den Staat absolut
4, Krit.. Vierteljahrsschrift N. F. 14, 145 ff.