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Ist nun die Bezeichnung ‚Telegraphenregal‘‘ dem Wesen
des neuen Rechtsinstituts wirklich entsprechend? So fragen wir
im Eingang unserer Erörterungen, um den Gegenstand (der
Untersuchung mit dem Namen belegen zu können, welcher ge-
eignet ist, seine Eigenart vollkommen zu decken. Man hat
bisher eine besondere Sorgfalt bei der Wahl des technischen
Ausdrucks nicht geübt*), sondern häufig ohne viel Bedenken
die Bezeichnungen ‚„Telegraphen-Regal, -Monopol und -Zwang‘“
promiscue verwendet. Dieser sprachlichen Unsicherheit, welche
wohl aus begrifflicher Unklarheit hervorgeht, muss sich jetzt ein
Ende bereiten lassen, wo das deutsche Telegraphenwesen sein
klar ausgeprägtes Sonderrecht erhalten hat, welches eine be-
griffliche Zerlegung seines Inhalts verstattet. Welche von den
drei angegebenen Bezeichnungen trifft aber die Eigenart jenes
Rechtsgebildes am besten und kann deshalb zur Benutzung em-
pfohlen werden? Suchen wir diese Ausdrücke Regal, Zwang,
Monopol begrifflich von einander zu scheiden, um damn
die Probe auf das vom Reichstelegraphengesetz geschaffene Rechts-
institut zu machen!
Der jetzige Unterstaatssecretär des Reichspostamts hat in
seiner Geschichte der Preussischen Post?) die Rechtsgebilde des
Postregals und Postzwangs, welche lange als korrelate angesehen
wurden, mit vorbildlicher Präcision gekennzeichnet. Er betrachtet es
als ein wesentliches Verdienst der neueren Postgesetzgebung, diese
Begriffe „ihrem Umfang und Inhalt, wie ihrer specifischen Differenz
*) Namentlich trat dies auch in den Reichstagsverhandlungen über den
Entwurf des Telegraphengesetzes zu Tage. Der Abgeordnete Frar. v. BuoL-
BERENBERG, später Berichterstatter der Kommission, hat das Verdienst, sich
eingehend über die Natur des in Aussicht genommenen Vorrechtes der Tele-
graphie verbreitet zu haben und für die ausschliessliche Verwendung der Be-
zeichnung „Telegraphenregal“ eingetreten zu sein. Vergl. Stenogr. Ber. 8. Leg.-
Per. 1. Session, S. 1958 ft.
5) STEPHAN, Geschichte der Preussischen Post von ihrem Ursprunge
bis auf die Gegenwart. Berlin 1859. S. 675 ff.