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versicherung in eine höhere Rechtssphäre, dasselbe ging aus
dem Privatrecht in das öffentliche Recht über; aus Privatcorpo-
rationen wurden Corporationen des öffentlichen Rechtes. Bei den
späteren Versicherungsgesetzen hat der Staat die Entscheidung
über die Rechtsfragen eigenen Behörden übertragen; die Unfall-
renten werden nicht auf dem gewöhnlichen Rechtswege wie die
Ansprüche aus dem Krankenversicherungsgesetz festgestellt. Sollte
deshalb nur die Unfallversicherung öffentliches Recht sein, die
Krankenversicherung dagegen nicht?
Aehnlich steht es mit dem Mitgebrauch zweier Subjecte an
derselben Sache. Handelt es sich um Rechtssubjecte, die dem
Staate ein besonderes Interesse nicht einflössen, z. B. Privat-
leute, oder religiöse Vereinigungen ohne Bedeutung, dann verweist
er auf das für alle Staatsbürger geltende Civilrecht. Tritt aber
dieses selbige Rechtsinstitut bei den grossen Kirchengesellschaften
auf, dann nimmt der Staat eine andere Position ein; er begnügt
sich dann nicht mit den gewöhnlichen Massnahmen, sondern stellt
besondere Normen auf, und trifft besondere Anordnungen im
Interesse des Staatswohles.. Ob dabei nun die gewöhnlichen bürger-
lichen Gerichte ganz ausgeschlossen werden, oder überhaupt nicht,
ist Frage des concreten Falles; das Institut hebt sich doch in das
Gebiet des öffentlichen Rechtes, und der Civilrichter hat eventuell
ein diesem Rechtsgebiete angehörendes Rechtsinstitut zu beurtheilen.
Das Simultanrecht hat unter dieser Voraussetzung öffent-
lichen Charakter. — Nennen wir es das Simultanrecht im engeren
Sinne, im welchen es bisher von den Autoren alleın behandelt
worden ist. Es kann, wie wir unten eingehend darthun werden, ein
echtes Simultaneum auch zwischen religiösen Rechtssubjecten
bestehen, denen der Staat kein Interesse und keine besondere
Aufmerksamkeit zuwendet, für die also das gewöhnliche bürger-
liche Recht gilt, da diese auch nicht öffentlichen Charakters sind.
Ich bezeichne diese (lediglich um Missverständnissen vorzubeugen)
als Simultaneen im weiteren Sinne.