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Nach der Untersuchung des materiellen Inhalts des Gesetzes
wollen wir in einer Schlussbetrachtung einen Blick auf die
weitere Entwickelung des deutschen Telegraphenrechts
werfen, wie es sich vorraussichtlich auf der Grundlage seiner
jetzigen Kodificirung entfalten wird.
Die gesetzgebenden Körperschaften schöpften ihre Befugniss
zum Erlass des Reichstelegraphengesetzes aus der Bestimmung
des Art. 4x der Verfassung, welche das Post- und Telegraphen-
wesen der Beaufsichtigung und Gesetzgebung des Reichs unter-
stellte. Mit diesem Grundsatze befand sich die frühere Ent-
wicklung, welche vornehmlich auf dem Wege verwaltungsmässiger
Ordnung der neu auftauchenden Fragen sich vollzog, in so fern
nicht im Einklang, als derselbe die Ausgestaltung des Telegraphen-
rechts gerade den Verwaltungsorganen des Reichs entziehen und
einer künftigen gesetzlichen Feststellung vorbehalten wollte In
diese bis jetzt offenstehende Lücke des Kodex der Reichsgesetze
tritt das Gesetz über das Telegraphenwesen ein und schafft damit
einen neuen Boden für die Entwicklung des Rechts dieser Ver-
kehrsanstalt. In der Hauptsache wird die praktische und wissen-
schaftliche Fortbildung des Rechts unmittelbar an die im Gesetze
ausgeprägten Normen anknüpfen. Drei Punkte sind noch
einer künftigen gesetzlichen Regelung vorbehalten und
einer Ordnung auf verwaltungsmässigem Wege entzogen werden.
So soll laut $ 7 die Erhöhung der bestehenden Gebührentarife
und die Ausdehnung der bisherigen Gebührenfreiheiten, laut $ 8
die Festsetzung weiterer Ausnahmen von der Bewahrungspflicht des
Telegraphengeheimnisses nur durch Reichsgesetz erfolgen können.
Ein nicht unbeträchtlicher Theil des weiteren Ausbaues
des Gesetzes ist gewissen Reichs- und Landesverwaltungs-
organen anvertraut worden. So ist dem Reichskanzler mit
der ausdrücklichen Ermächtigung, in diesen Amtshandlungen sich
vertreten lassen zu können, das Verleihungswesen übertragen
worden. Diese Vertretung hat nach den Bestimmungen des