Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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ist augenscheinlich im Erfolg vollkommen dasselbe. Die direkte 
Wahl nach den Bänr’schen Vorschlägen wäre also etwas wesentlich 
Anderes als die seitherige direkte Wahl. — Und ebenso steht es 
mit dem Verhältniss dieser Vorschläge zum allgemeinen Stimm- 
recht. In Württemberg waren bis zum Jahr 1868 alle besteuerten 
Bürger einer Gemeinde zur Teilnahme an der Wahl der Land- 
tagsabgeordneten berufen, jedoch mit einem wesentlichen Unter- 
schied: zwei Dritteile der auf jede Gemeinde entfallenden Wahl- 
männer bestanden aus den höchstbesteuerten Bürgern der 
Gemeinde, das letzte Dritteil wurde von den übrigen Steuer- 
kontribuenten gewählt: der Erfolg dieser gesetzlichen Bestimmung 
war, dass die Wahlmännerwahlen sehr häufig nicht zu Stande 
kamen, so dass die Höchstbesteuerten allein wählten. Aehnlich 
wäre wohl der Erfolg der konsequent durchgeführten Bänr'schen 
Vorschläge: wollte man das Uebergewicht der Kopfzahl in der 
untersten Klasse oder in den unteren Klassen der Wähler wirklich 
unschädlich machen, so müsste man der Minderzahl der Wähler 
in den oberen Klassen ein solches Vielfaches von Stimmen ein- 
räumen. dass ihre Stimmzahl dıe der Wähler der untern Klassen 
überwöge. Damit wäre zwar, zufolge des Systems der Wahl nach 
Parteien, der untersten Klasse die wirksame Ausübung des Wahl- 
rechts nicht völlig entzogen, aber ausserordentlich erschwert: 
die Wähler dieser Klasse aus dem ganzen Reich könnten zwar 
eine zur Erlangung mehr oder weniger zahlreicher Sitze hın- 
reichende Zahl von Parteistimmzetteln abgeben, aber wenn sie 
sich nicht durch das ganze Reich oder durch grosse Gebiete des 
Reichs iber mindestens fünf Personen einigen, so laufen sie 
Gefahr, dass ihre Stimmen verloren gehen, denn die von ihnen 
im Verhältniss zu ihrer Kopfzahl als Bewerber aufgestellten Per- 
sonen müssten gegenüber den Bewerbern der anderen Klassen in 
der Minderheit bleiben, und wenn sie bloss drei oder vier Per- 
sonen durchsetzen, helfen ihnen alle weiteren Parteistinmmzettel 
nichts, weil die drei oder vier Gewählten nicht das Recht der 
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