Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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Privatrechte, um bestimmte subjektive Rechte handelt, eine Un- 
gerechtigkeit. Bänr will die Reichstagssitze in ähnlicher Weise 
an die ungleich starken Parteien verteilen: eine rechtliche Not- 
wendigkeit hiefür besteht nicht, denn vorn einem subjektiven Recht, 
sei es der einzelnen Wähler oder der Parteien, auf ein bestimmtes 
Mass der Vertretung im Reichstag, überhaupt auf einen be- 
stimmten Anteil an der Leitung der öffentlichen Angelegenheiten, 
kann keine Rede sein. Die Anerkennung eines solchen subjektiven 
Rechts würde folgerichtig zum „Referendum“ führen, das die 
Entscheidung über Fragen des Staatswohls — ich möchte fast 
sagen: principiell — in die Hände der ungebildeten Massen 
legt. — Das öffentliche Recht muss sich nach seiner Natur als 
jus publicum, allgemeines Recht, dessen Normen wesentlich durch 
Rücksichten der Zweckmässigkeit bestimmt werden, mit all- 
gemeiner Gerechtigkeit, mit Gerechtigkeit im Allgemeinen, im 
Grossen und Ganzen begnügen; wenn die Kömer sogar für das 
Privatrecht sagten: minima non curat praetor, so gilt um so mehr 
für das öffentliche Recht der Satz, dass der Staat kleine Interessen 
bei Seite liegen lassen muss, wo es sich um die Wahrung grosser 
handelt. — So auch in unserer Frage: es soll jeder grossen Partei die 
Gewähr gegeben sein, dass sie eine ihrer Bedeutung entsprechende 
Vertretung im Reichstag habe und nicht durch eine andere Partei 
oder ein Bündniss anderer Parteien mundtodt gemacht werde; 
aber dass jede Partei gerade nach Verhältniss der auf ihre Be- 
werber gefallenen Stimmen vertreten sei, das ist nicht nöthig, ist 
so wenig nöthig, wie man es für nöthig gehalten hat, eine Ver- 
tretung der einzelnen deutschen Staaten im Bundesrath nach Ver- 
hältniss ihrer Grösse oder Einwohnerzahl zu verlangen; nach diesem 
Verhältniss hätte z. B. Preussen ungefähr ?/s aller Stimmen ım 
Bundesrath anzusprechen, es hat aber kaum '/s, und so muss es 
sich auch die einzelne Partei gefallen lassen, wenn sie je nach 
der Zeiten Ungunst einmal statt der proportionalen 60 Stimmen 
deren nur 50 oder 40 erhält.
	        
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