Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

— 532 — 
150 Grünen gegenüber, diese erklären die Wahl des Blauen für 
ungültig, und mit der ihnen nun gesicherten Mehrheit kassiren 
sie auch die Wahl der neun weiteren Blauen, während sie die 
zehn Abgeordneten ihrer Farbe für legitimirt erklären. 
Ueber die Verwerflichkeit einer solchen Rechtsprechung, die 
die Macht an die Stelle des Rechts setzt, kann kein Zweifel sein; 
aber wie abhelfen? Wir haben kein Verwaltungs-Gericht, dem 
die Entscheidung übertragen werden könnte, denn dass dieses 
Gericht nur ein Gericht des Reichs sein könnte, dass die Ent- 
scheidung über Wahlanfechtungen nicht den Verwaltungsgerichts- 
höfen der Einzelstaaten übertragen werden kann, darüber ist auch 
‘wieder kein Wort zu verlieren. Binr will das Urteil seiner Reichs- 
wahlbehörde übertragen. Allein damit wäre, nach dem Vorschlag 
Binrs über die Zusammensetzung dieser Behörde, das geschilderte 
Uebel der Parteiwillkür zwar gemildert, aber nicht beseitigt, und 
dass sich der Reichstag je zur Uebertragung der Wahlprüfungen 
an eine solche Behörde verstehen wird, halte ich für unwahr- 
scheinlich. Die Behörde wäre immer noch ein halb politischer 
Körper und zwar ein solcher, worin die Anhänger der jeweiligen 
Regierung die fast sichere Mehrheit haben; jede Partei wird sich 
darum sagen, dass die Wahlkommission unter Umständen gegen 
sie ausgenützt werden könnte, und wird darum der — ohnediess 
unwillkommenen — Schaffung einer neuen Behörde widerstreben. 
Liesse sich nicht — wiederum nach dem Gesetz der Spar- 
samkeit — ohne solche Neuschöpfung Abhülfe treffen? Bei all- 
seitigem gutem Willen wäre das wohl möglich. Ich habe oben 
gesagt, wir haben kein Verwaltungsgericht des Reichs, dem 
die Entscheidung der fraglichen Rechtsfälle übertragen werden 
könnte; es wäre genauer zu sagen: das Reichsgericht, das wir 
haben, hat keinen Verwaltungssenat, keinen Senat für Streitfälle 
des Öflentlichen Rechts, an den die Uebertragung erfolgen könnte. 
Damit ist auch schon das Mittel zur Abhülfe bezeichnet: es 
gälte nur, beim Reichsgericht einen solchen Senat zu bilden. —
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.