Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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Proportionalwahl als das „rationelle“ gegenüber den andern 
„empirischen“ bezeichnet. Richtiger wäre es wohl, den ‚theore- 
tisch-mathematischen‘ Vorschlägen die „praktisch-politischen“ 
gegenüberzustellen. Wationeller als diese wären jene nur dann, 
wenn alle Wähler völlig gleichwertige Grössen wären (und wenn 
zudem ein Wahlzwang stattfände). BR. meint selbst, es könne 
Manchem bedenklich erscheinen, durch Einführung der Pro- 
portionalwahlen ‚‚den Einfluss solcher Minderheiten zu stärken, 
welche die nationalen, politischen oder wirtschaftlichen Grund- 
lagen der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung prinzipiell 
negiren“. Ich glaube nicht, dass ein solches Bedenken uns 
hindern darf, die bessernde Hand an das Wahlgesetz zu legen, 
aber die Ungleichwertigkeit der Wähler vor allem unter dem 
von Bänr an sich mit Recht betonten Gesichtspunkt der Bildung 
lässt gerade das System der Proportionalwahlen, so logisch-mathe- 
matisch richtig es sein mag, politisch irrationell erscheinen. Die 
Masse der ungebildeten und, was noch schlimmer ist, der halb- 
und viertelgebildeten Wähler, die sich für gebildet halten, und 
darum die jetzige Staats- und Gesellschaftsordnung umstürzen 
wollen, ist in den grossen Städten angehäuft. Wenn sie dort 
nach einem im Sinn der Minderheitsvertretung verbesserten Wahl- 
gesetz einige Sitze im Reichstag erobert, so müssen wir das als 
eine Folge des nun einmal nicht mehr zu beseitigenden allge- 
meinen Wahlrechts hinnehmen; aber kein Recht hat diese Masse 
darauf, durch ihre Zahl die Wahlen auch ausserhalb der von 
ihr beherrschten Wahlbezirke zu beeinflussen, dieses Recht könnte 
sie nur verlangen unter Berufung darauf, dass sie die (der Zahl 
nach) stärkste Partei sei, Parteien aber, ich wiederhole es, 
darf der Staat nicht amtlich, durch seine Gesetzgebung, anerkennen.
	        
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