Bundesgesetz der Schweiz,
betreffend die Auslieferung gegenüber dem Auslande.
(Vom 22. Januar 1892*).
Die Bundesversammlung
der schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf Art. 102, Ziff. 8, der Bundesverfassung ;
nach Einsicht einer Botschaft vom 9. Juni 1890,
beschliesst:
Erster Titel.
Bedingungen der Auslieferung.
Art. 1. Der Bundesrath kann, mit oder ausnahmsweise
ohne Vorbehalt des Gegenrechts, unter den in diesem Gesetze auf-
gestellten Voraussetzungen jeden Fremden ausliefern, der durch
die zuständigen Gerichtsbehörden des ersuchenden Staates verfolgt,
in Untersuchung gezogen oder in Anklagezustand versetzt oder
verurtheilt ist und auf dem Gebiete der Eidgenossenschaft be-
troffen wird.
Wenn der Bundesrath bei einem auswärtigen Staate die Aus-
lieferung einer Person nachsucht, die strafrechtlich verfolgt, in
Untersuchung gezogen oder in Anklagezustand versetzt oder
durch ein zuständig schweizerisches Gericht verurtheilt ist, so
kann er innerhalb der Grenzen dieses Gesetzes das Gegenrecht
zusichern.
*, Die in zahlreichen Staaten in Fluss gerathene Gesetzgebung über
das Auslieferungsrecht macht es wünschenswerth, den Lesern des Archivs den
Text der jüngsten einschlägigen Kodifikation der Schweiz vorzuführen ; eine
eingehende Bearbeitung hat dem Entwurf eines schweizerischen Bundes-
gesetzes betreffend die Auslieferung gegenüber dem Auslande PrENNINGER-
Zürich im VI. Bande des Archivs (S. 556 fg.) gewidmet. D. R.