Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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nicht allzuweit hinter uns liegenden Zeit an allen Stellen hervortretende 
Neigung, lediglich auf französischen Grundmauern weiterzubauen, den Faden 
französischer Diktion in unveränderter Stärke fortzuspinnen ; der Trieb, auch 
in wissenschaftlichen Untersuchungen die matte Weisheit versunkener radikaler 
Anschauungen aus dem Grabe heraufzubeschwören, all das ist dort beträchtlich 
im Schwinden begriffen. Die nüchterne und zugleich kritische Ergründung des 
Vorhandenen und des Geschehenen schafft sich Raum, ohne aber dadurch an 
Anziehung oder an patriotischer Hebelkraft einzubüssen, denn jede ernste und 
gewissenhafte Prüfung der öffentlichrechtlichen Einrichtungen eines Volkes 
erhöht die Ehrfucht vor der inneren Einheit und Grossartigkeit des staat- 
lichen Baus. Dass diese neueren litterarischen Erscheinungen unserer italie- 
nischen Fachgenossen, auf deutschen Arbeiten fussend, den guten Gehalt bei 
schöner Form nicht einbüssen, ist eine Erkenntniss, die genau so viel Lob 
als Tadel für beide Theile einschliesst. SCHANZERS überaus sorgfältige und 
gewissenhafte Monographie kann als beweiskräftige Probe für das eben Ge- 
sagte dienen. Sie behandelt unter völliger Beherrschung des gesammten ein- 
schlägigen litterarischen Apparates die an Verzweigungen und Ausläufern 
besonders reiche Frage des Rechts über Krieg und Frieden in Verbindung 
mit einer Untersuchung über das Recht des Vertragsschlusses im Allgemeinen 
innerhalb der durch das repräsentativ-konstitutionelle Verfassungsprincip ge- 
schaffenen Schranken und Bedingungen. Die über diese Fragen von GnEIsT, 
E. MEIER, Unger, LABann, PRoEBST, ZoRN, RoENNE u. a. aufgestellten Lehr- 
sätze sind dem Verfasser völlig geläufig, und so viel ich sehe, ist nur LASKERS 
freilich auch im Inland mit Unrecht fast gänzlich vergessene, geistvolle Schrift 
„Zur Verfassungsgeschichte Preussens‘ (Leipzig 1874) übersehen, welche in 
Abth. VII, Fragen des Staatsrechts N. 6., über königliches und parlamen- 
tarisches Regiment sehr interessante Exkurse enthält, die sich in vielen Punkten 
mit den Ausführungen des Verfassers des vorliegenden Buches geistesverwandt 
berühren. — Ein Eingehen auf die Einzelheiten des Scuanxzer’schen Buches 
liegt nicht in unserer Absicht, es sei hier nur betont, dass, so sehr sich des 
Verf.’s Ansichten über die konstitutionellen Schranken und über die Legiti- 
mation zum Abschlusse völkerrechtlicher Verträge den unsrigen nähern, 
um so weiter entfernen wir uns im Ganzen, freilicb im Sinne des deutschen 
monarchischen Staatsrechts, von seinen über die Kriegs-Prärogativen der 
Krone aufgestellten Lehrmeinungen. Mehr als irgendsonst erscheint uns hier 
das Bedürfniss nach Personifikation unabweislich. Die Staatsgewalt tritt uns 
nur durch Personifikation ins Leben und in die Wirksamkeit, d. h. durch ihre 
Innehabung und Ausübung seitens eines bestimmten Individuums. Obgleich 
sie in ihrem Wesen eine unpersönliche objektive, kombinirte Gewalt ist, so 
wird sie doch in ihrer faktischen Erscheinung zur subjektiven, nemlich zu 
einer solchen Gewalt, die in individuellen Händen liegt. Zumal in jener ent- 
scheidungsvollen Frage über Krieg und Frieden, die den Staat, wie J. Lock
	        
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