— 588 0 —
Dr. Arthur Mülberger, Studien über Proudhon. Ein Beitrag zum
Verständniss der socialen Reform, Stuttgart, G. J. Göschen’sche
Verlagshandlung 1891. 1718.
Die Broschüre zerfällt in 5 selbstständige Abhandlungen, von denen
«die meisten bereits früher in Zeitschriften erschienen sind.
Die erste Abhandlung betitelt sich ‚Prouptuon’s Theorie des Allgemeinen
Wahlrechts.“ Der Verfasser glaubt, dass an der Aktualität und Bedeutung
der Frage Niemand zweifeln werde; das allgemeine Wahlrecht habe auch
in Deutschland schon grosse Räthsel aufgegeben und werde noch grössere
aufgeben; für die Sozialdemokraten sei es ein Dogma, für die Demokraten
ein Prinzip, für den Liberalismus eine praktische Institution von höchst
zweifelhaften Werthe, für die grösste Zahl der Konservativen endlich ein
verhängnissvoller Irrthum. — Bekanntlich war Proupnon lange heftiger
Gegner des allgemeinen Wahlrechts, er hat sich erst später als Anhänger
desselben bekannt. MÜLBERGER bestreitet nun diese vulgäre Auffassung:
ProupnHon ist niemals ein Gegner, wohl aber ein Kritiker des allgemeinen
Wahlrechts gewesen, ehe er sein Philosoph geworden ist. Diese „Philosophie
des allgemeinen Wahlrechts“ sucht MÜLBERGER durch Aufführung von Stellen
aus den Schriften Proupuon’s zu skizziren! Wir lernen dadurch allerdings
Zeugnisse von dem sprudelnden, dialektischen Geiste des hervorragenden fran-
zösischen Politikers kennen, eine Philosophie des allgemeinen Wahlrechts
finden wir darin aber nicht.
Die zweite Abhandlung gibt uns Kenntniss von einem, anlässlich der
Pariser Weltausstellung 1855 von Proupnon ausgearbeiteten Projekte, den
Handel Frankreichs zu organisiren und zu zentralisiren. Die dritte Ab-
handlung ist einem nachgelassenen Werke Proupnon’s über Cäsarismus und
Christianismus gewidmet. Die vierte und die fünfte Abhandlung sind Recen-
sionen. MÜLBERGER zerzaust in persönlicher und heftiger Weise eine Schrift
von zu PurLitz über ProupnHon; diese Recension wäre besser weggeblieben.
Eiwas glimpflicher kommt das Werk von Karı Dıeuu „P. J. PRoupHon, seine
Lehre und sein Leben‘ weg.
Trotz aufmerksamem Lesen dieser 5 Abhandlungen habe ich nicht finden
können, dass aus ihnen „zum ersten Male klar wird, wie und warum Frank-
reich, dieses wirthschaftlich so hoch entwickelte Land. den „Staatssocia-
lismus“ nicht blos praktisch, sondern auch theoretisch überwunden hat“.
Bevor man derartige Behauptungen aufstellt, sollte man sich doch klar
machen, was man damit sagen will. Was ist Staatssozialismus im Sinne
MÜLBERGERS; ist es wünschenswerth, dass der Staatssozialismus überwunden
wird; ist es Thatsache, dass Frankreich denselben überwunden hat; was
heisst theoretische und praktische Ueberwindung des Staatssocialismus?
Was MÜLBERGER in seiner Recension der DıeraL’schen Schrift etwas dunkel
ausspricht, trifft dem Sinne nach auch für ihn zu: „Wie schwer wird es