Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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bezog sich nur auf die grossen christlichen Religionsparteien. Da 
diesen aber in den heutigen Staatsgrundgesetzen überall öffent- 
liche Religionsübung und vollste Gleichberechtigung gegeben ist, 
so hat das jus reformandi heutzutage ganz an Inhalt verloren. 
Die Stellung des Staates zu den nicht privilegirten Religions- 
gesellschaften kann nicht unter den rein historisch entstandenen 
Begriff „jus reformandi“ gebracht werden, denn nach dem J. P.O. 
sollten ja andere Religionsvereine nicht geduldet werden. Diese 
fielen und fallen richtiger unter die Vereinshoheit des Staates. 
Hieraus ergibt sich: Für die in späterer und neuester Zeit 
entstandenen und entstehenden Simultaneen kommt der gleich- 
zeitige Erwerb des Rechtes der Religionsübung, der Besitz des 
öffentlichen Rechtes der Religionsübung überhaupt nicht in Frage; 
für die auf privatrechtlichen Titeln beruhenden Simultaneen 
älteren Datums ist das jus reformandi niemals in Frage gekommen, 
für die auf öffentlich-rechtlichem Titel beruhenden Sımultaneen 
älteren Datums bietet es höchstens ein historisches Moment. Wie 
aber diese letzteren Simultaneen sich gebildet haben, ist für das 
Verständniss in der Gegenwart einflusslos. 
Wenn es daher z. B. bei Kraıs (a. a. O. S. 47) heisst: 
„Selbstverständlich haben auch nur die Civilgerichte darüber zu 
entscheiden, ob beide Gemeinden ein Miteigenthum an der Kirche 
und ihren Zugehörungen haben oder ob privatrechtlich einer der- 
selben das Eigenthum, der anderen nur ein Servitutrecht am 
Kirchengebäude u. s. w. zusteht“, da muss man unwillkürlich 
fragen: Worin soll denn dieses Servitutrecht bestehen? Doch 
wohl im Gebrauche der fremden Kirche. Worin besteht denn 
dann das Simultanrecht? Doch wohl auch in dem Gebrauche 
derselben fremden Kirche. Beides — Simultanrecht und Servitut- 
recht werden also wohl zusammenfallen. 
Hınscaıus und nach ihm Kraıs wollen beständig das Simul- 
tanrecht und das Recht an dem Kirchengebäude begrifllich son- 
dern. Aber das öffentliche Recht der Religionsübung ist für das 
Archiv für Öffentliches Recht. VII. 1. 4
	        
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