Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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PasquaLe FIorRE zeigt die Vorzüge der ersten Auflage im ernsten, mühevollen 
Kampfe mit dem dogmatischen Problem, mit dem Prineip des internationalen 
Privatrechts, oder im Sinne des Verfassers ausgedrückt, mit dem Prinzip 
des internationalen Konfliktsrechts. Verf. gebt dabei von dem Gesichtspunkte 
aus, dass das im Rahmen eines fremden Rechtssystems geschaffene Rechts- 
verhältniss, kraft der Gleichberechtigung aller Verkehrsstaaten, solange auf 
ungestörten Bestand Anspruch erheben muss, bis dadurch nicht etwa die 
Rechtsautorität, die Kompetenz-Kompetenz des anderen Staates gefährdet er- 
scheint. Er trägt dabei, in zuweilen verwickelter Linienführung, der unleug- 
baren Thatsache Rechnung, dass das Individuum, wie seine ganze Güterwelt 
nicht aus einer fremden rechtlosen Sphäre in das diesseitige Gebiet eintritt, 
sondern aus einem organisirten Gemeinwesen mit bestimmter Rechtsordnung, 
welche naturgemäss dem Angehörigen, wie den Elementen seines Wirthschafts- 
lebens auch eine Summe von Pflichten und Zwangszuständen auferlegt , die 
der diesseitige Staat unter der Herrschaft des grossen regulatorischen Princips 
der Reciprocität unmöglich ignoriren kann. Der Gedanke kommt mit allen 
seinen Facetten zu allseitiger Beleuchtung im Allg. Theil; im 1. Buche: 
Des personnes et des droits de condition ceivile; im 2. Buche: Droits qui 
derivent des rapports de famille und im 3. Buche: Des droits qui ont les 
choses pour objet. Bei aller bereitwilligen Anerkennung der im Detail ge- 
wonnenen mannigfachen Belehrung können wir doch den unablässig während 
der langen Wanderung durch die beiden umfangreichen Bände empfundenen 
Mangel jeder litterarischen Verbindung mit der deutschen Facharbeit nicht 
ungerügt lassen. Das ist nicht mehr eine Frage des Geschmacks, sondern 
der Ehrlichkeit und Gewissenhaftigkeit fachlicher Forschung. Nicht eines 
von den seit der ersten Ausgabe erschienenen deutschen staats- und völker- 
rechtlichen Werken hat der Verfasser in den Kreis seiner Gedankenarbeit 
aufgenommen, keines hat ihm zu Zustimmungen, keines zur Bekämpfung 
Anlass gegeben; es ist als ob ein „Rip van Winkel“ aus den Tagen Savıonys 
und MÜHLENBRUCHS auferstanden wäre und sich nun das Recht herausnehmen 
wollte, ein Wort drein zu reden im Streit der Lehrmeinungen unserer 
Tage. — Diese Frage hat mit dem kleinlichen Spiel der Tagespolitik nichts 
zu schaffen, die Lron-CAEn, RENAULT, COGORDAN, WEISS, RoGuUIn, RıivIER, BRUSA 
sind sicherlich darum nicht weniger Zierden der romanischen zeitgenössischen 
Rechtslitteratur, weil sie in der germanischen Rechtslitteratur trefflich Be- 
scheid wissen und so ihre fachlichen Werke auf dem Niveau unserer Zeit zu 
erhalten verstehen. — Mein Caveant gilt den rührigen französichen Verlegern, 
wollen sie sich nicht die grosse deutsche Leserwelt gänzlich entfremden. 
Stoerk.
	        
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