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Buche die Abgrenzung des Begriffes der „politischen‘‘ Fremdenausweisung ;
principiell widerspruchsvoll die Festhaltung der alten Bruntscaur'schen Auf-
fassung von der rechtlichen Beschränktheit des staatlichen Bestimmungs-
recht s über Zulassung und Ausweisung der Fremden, und schliesslich wenig
fundirt die Annahme des Verfassers, dass die Ausweisung ungeeignet sei, zur
Gerichtssache gemacht zu werden. Die rechtsgeschichtlich vor uns liegende
Entwicklung des Auslieferungsrechts legt unserm Urteil in diesem Punkte
einige Vorsicht auf und fordert von uns auch im Gebiete des Juristischen
einige Beachtung der alten Weisheitsregel: il ne faut jamais dire jamais.
Stoerk.
Felix Freudenthal, Die Volksabstimmung bei Gebietsabtretungen
und Eroberungen. Erlangen 1891. Bläsing. M. 1.40.
Da die französische Fachliteratur nicht müde wird, die Plebiscittheorie
als wesentliches Inventarstück der geltenden Staatenpraxis und als notwen-
diges Korrelat der freien Selbstbestimmung der Völker hinzustellen, so ist
es ein immerhin nützliches Unternehmen, von Zeit zu Zeit jener grundlosen
Behauptung den sachlich motivirten Widerspruch entgegenzustellen. Verfasser
hat sich dieser Aufgabe mit gutem Geschick und gewandter Beweisführung
entledigt. Er hat zudem einige Lücken, die ich bei der ersten Bearbeitung
des einschlägigen Urkundenmaterials (Option und Plebiscit, Leipzig 1879)
zurücklassen musste, in dankenswerther Weise ausgefüllt und ncue Versuche
der Anwendung des Gedankens, dem geschichtlichen Gesammtbilde klar ein-
gefügt. F. hat dadurch von dem unverjährbaren Vorrechte der Jugend Ge-
brauch gemacht, es besser als der Vorgänger zu machen. Diese Anerkennung
wird dem Verfasser keiner versagen, der ihm auf seinen rechtshistorischen
und dogmatischen Wanderungen durch das eng umschriebene Thema folgt.
Stoerk.
Gustav Cohn, System der Nationalökonomie. 2. Bd. Finanzwissen-
schaft. Stuttgart, F. Enke. 1889.
Wir schreiben zu spät, um der Anerkennung, welche das vorliegende
Werk in fachlichen Kreisen nach Verdienst gefunden hat, ein neues Ehren-
blatt beizufügen; wir halten uns aber berechtigt, in den weiteren Kreisen
der Gerichts- und Verwaltungspraxis, in welche das Archiv eingedrungen,
Zeugniss abzulegen von dem hohen praktischen Nutzwertb, welcher dem
Buche für alle juristische Untersuchungen tieferen Ganges zukömmt. Das
umfangreiche „Lesebuch für Studierende“ gewährt uns mit seinen vier Büchern:
über das Wesen des öffentlichen Haushalts (I); die Lehre von den Steuern
(II); die deutsche Steuergesetzgebung der Gegenwart (III); und den öffent-
lichen Credit (IV); in vollendetster Formgebung einen Einblick in den öko-
nomischen Bau unseres Staates. Es wendet sich daher nicht an jene Stu-