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Simultanrecht ist eine Rechtsgemeinschaft wie die Gegner meinen.
Das ist ein Grundirrthum. Daraus erklärt sich die Consequenz,
die wir oben 8. 65 mitgetheilt haben. Stehen sich Eigenthum
und beschränkendes Recht gegenüber, so haben wir keine Rechts-
gemeinschaft in der Kirche, und in Folge dessen hat nicht jeder
Theil den Mitgebrauch nur mit Rücksicht auf das gegenüber-
stehende (also gleiche) Recht des anderen auszuüben, sondern
vielmehr der Eigenthümer mit Rücksicht auf das beschränkende
Recht, der Inhaber des letzteren aber mit Rücksicht auf das
Eigenthum. Namentlich im letzteren Punkte zeigt sich die Trag-
weite der verschiedenen Gesichtspunkte. Die Folgen der gegne-
rischen Ansicht: vollständiges Verschwinden des Eigenthums,
völliges Zusammenwerfen aller Arten der Simultanrechte haben
wir genügend betont. Nur will ich noch darauf hinweisen, dass
sich manche Sätze bei Kraıs vorfinden, die man ruhig auch von
unserem Standpunkte aus unterschreiben könnte, die sich aber von
seinen Grundanschauungen aus sonderbar genug ausnehmen, so
z. B. S. 34 oben, S. 37 unten.
Uebrigens handelte es sich auch im Bibelsheimer Rechtsfall,
dem Falle des Verwaltungsgerichtshofs, um Verletzung des Mit-
‚eigenthums. Das war für das Gericht schon aus dem Grund-
steuerkataster zu ersehen, zu Folge dessen das dortige Kirchen-
gebäude seit unvordenklicher Zeit im Besitz der Katholiken von
Billigheim, Appenhofen und Mühlhofen, dann der Protestanten
von Billigheim stehend anerkannt ist. (Vgl. Entsch. des Ver-
waltungsgerichtshofes 9, 272 Anm.) Wäre der Gerichtshof von
diesem allein richtigen Gesichtspunkte ausgegangen, so würde er
auf dem einfachsten Wege zu einem rechtlich unangreifbaren
Resultate gekommen sein, ohne zu gequälten und unzutreffenden
Erwägungen seine Zuflucht nehmen zu müssen.
Stehen sich Eigenthum und beschränkendes Recht an fremder
Sache gegenüber, so ist das Letztere als nicht übertragbar zu
bezeichnen. Das folgt aus dem Zwecke desselben und seiner