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haben. — Und weiter auf einen Punkt, der, wie ich sehe, bisher
überhaupt noch nicht hervorgehoben worden ist, dass nach dem
geltenden Rechte der in Frage stehenden Religionsparteien die
Vermuthung wohl für einen Simultangebrauch der katholischen
Religionsgesellschaft an einem evangelischen Kirchengebäude,
nicht umgekehrt der Evangelischen an einem im Eigenthume
eines katholischen Rechtssubjectes stehenden spricht.
vl.
Was die Auflösungsgründe des Simultanverhältnisses betrifft,
so ist hier das bayerische Recht über das preussische Landrecht
hinausgegangen, während es sich ja sonst eng an dieses an-
schliesst. Das Allgem. Landrecht normirt diesen Punkt über-
haupt nicht, das bayerische Recht dagegen zählt in SS 98, 99
mehrere Auflösungsgründe auf. Es entsteht die Frage, ist diese
Regelung eine erschöpfende? Keaıs lässt die Frage offen. Sie
ist meiner Ansicht nach zu verneinen. Es sind in den $8 98, 99
nur diejenigen Gründe behandelt, welche eine Betheiligung der
Staatsgewalt wünschenswerth machen und deshalb genauer Nor-
mirung seitens des Staates bedurften. Diejenigen Gründe da-
dagegen, welche sich aus dem Wesen des Instituts von selbst
ergeben, insbesondere aus seiner privatrechtlichen Natur, sowie
etwa aus den in $ 90 gedachten besonderen Gesetzen und Ver-
trägen folgen, werden nicht erwähnt; dass dem so ıst, kann nicht
weiter verwundern. Denn das Simultanrecht ist ja überhaupt
nicht erschöpfend geregelt.
Erwähnt sind in $$ 98, 99 gegenseitige Vereinbarung und
Verfügung der Staatsgewalt. Nicht erwähnt ist zunächst der frei-
willige Verzicht eines der berechtigten Subjecte.
Vgl. hierüber die richtigen Bemerkungen von Kraıs, a. a. O.
S. 64, 65 und Hıinscurus K.R. 4, 371 Anm. 2. Ob speciell durch
den $ 98 ein einseitiger Verzicht ausgeschlossen sei, ist fraglich,
aber wohl zu verneinen.