Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

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ordneten völkerrechtlichen Processverfahrens, welches als wahre 
Ursache für die Fortdauer der augenblicklich noch im vollen 
Schwunge befindlichen internationalen Anarchie erscheint; der 
Grund hierfür liegt vielmehr in der, gleichviel ob völlig geklärten 
oder nur instinctiven Ueberzeugung, dass es nicht möglich sei, 
das materielle Völkerrecht in genügender Weise auszugestalten; 
denn, wenn man sich auch seit Jahrhunderten und besonders seit 
Husco Grorıvs mit der Herausarbeitung eines materiellen Völker- 
rechtes befasst, so hat man sich dabei doch zum weitaus grössten 
Theile nur mit ganz nebensächlichen oder mit Dingen beschäftigt, 
welche, genauer betrachtet, das gerade Gegentheil eines eigentlichen 
Staatengesellschaftsrechtes bilden, dagegen sich vor dem wesentlich 
springenden Punkte der gesammten Materie mit einer Scheu her- 
umgedrückt, welche lediglich der Ausdruck des bösen Gewissens 
ist. Dieser springende Punkt aber ist die unbedingte Anerkennung 
des „Stabilitätsprincips“, denn in der That ist gar kein Staaten- 
gesellschaftsrecht denkbar, wenn nicht übereinstimmend von allen 
einzelnen Staaten, welche ein solches unter einander wollen gelten 
lassen, der status quo der jeweiligen Länderconfiguration als un- 
abänderlich hingestellt wird®?). Mit der genauen Fixirung seines 
Landgebietes nämlich wird jeder Staat überhaupt erst etwas 
Concretes, Fassbares; er erhält durch sein Landgebiet seine eigent- 
liche physische Existenz; und, wie kein bürgerliches Recht denk- 
bar ist ohne die bestimmte Formulirung des Satzes, dass die 
physische Existenz der einzelnen Rechtssubjecte unverletzlich ist, 
so ist auch ein Völkerrecht, im wahren Sinne des Wortes, nur 
denkbar, wenn dasselbe das Landgebiet der Staaten für unver- 
letzlich erklärt. Gerade diese so überaus einfache Wahrheit aber 
ist es, welche die Meisten kopfscheu macht, wenn es sich um die 
Frage handelt, ob es jemals möglich sein werde, ein Staatensystem 
in’s Leben zu rufen. 
  
2) Vgl. Schuier, a. &. O. zehnter Abschnitt: Stabilität S. 333—344.
	        
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