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gegebenen und allgemein als giltig anerkannten Ländervertheilung
auf legalem Wege zulässig?
Dabei aber ergeben sich auf den ersten Blick drei Möglich-
keiten: erstens die Vereinigung zweier Staaten in ihrer Gesammt-
heit; zweitens die Absonderung eines Theiles von dem Gebiete
eines Staates in der Art, dass dieser Theil zu politischer Selbst-
ständigkeit gelangt, und drittens der Uebergang eines solchen
Theiles von einem Staate an den andern.
Was zunächst die Fälle der erstgedachten Art anlangt, so
wird man in denselben treffend von einer ‚Fusion‘ der betreffen-
den Staaten sprechen können; sie liegen, juristisch betrachtet,
ausserordentlich einfach, denn jeder. Kulturstaat muss, seiner Na-
tur nach, verfassungsmässige Organe besitzen, welche dazu be-
rufen sind, über eine derartige Vereinigung mit einem andern
seines Gleichen zu beschliessen, innerhalb dessen selbstverständ-
lich gleichzeitig ganz das Nämliche zutreffen kann. Es handelt
sich dabei in jedem der fraglichen Staaten um einen Regierungs-
act, welcher den Staat in seiner Totalität erfasst und darum
begrifflich von jeder anderen Verfassungsänderung nicht ver-
schieden ist; und es kann kein Grund gefunden werden, warum
ein solcher Vorgang etwa als begriffs- oder gesetzwidrig anzu-
sehen wäre? Wenn man hier schon ein Bild nach Kanr’scher
Manier in Anwendung bringen will, so ist die Fusion der Ver-
einigung zweier Stämme vergleichbar, von denen weder der eine
noch der andere als Haupt- oder Nebenstamm erscheint; darum
hat auch im Falle der Fusion der neue Staat zu gelten als Fort-
setzung der beiden, mit einander fundirten Staaten, denn es
handelt sich dabei um einen Vereinigungsprocess, welcher von
beiden Seiten mit gleicher Intensität betrieben wird, und nicht
um cinen solchen, bei welchem ein Theil als der stärkere,
recipirende, der andere als der schwächere, recipirte Fac-
tor erscheint. Daran wird auch weder durch den Umstand etwas
geändert, dass vielleicht der eine der beiden Staaten, rein äusser-