Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

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Individuum innerhalb der Kulturwelt nur als Träger einer ganz 
bestimmten Staatsbürgerqualität gedacht werden kann. Schon 
dieses eine einzige Moment genügte, um darzuthun, dass jede 
Annexion. vom Standpunkte des Völkerrechtes aus als unzulässig 
zu gelten hat, und das letztere muss daher, wo es sich dennoch 
einer Annexion, als einer vollzogenen Thatsache, gegenüberge- 
stellt sieht, zu einem Auswege greifen, der zwar auch, wie das 
unter solchen Umständen gar nicht anders sein kann, a priori 
als unbedingt rechtswidrig zu gelten hat, aber doch noch immer 
'als das kleinere Uebel gegenüber der Eventualität erscheint, dass 
sich eine ganze Bevölkerung ausserhalb jedweden Staatsverban- 
des gestellt sehen könnte. Diese Erwägung führt dazu, dass bei 
der Annexion nicht nur dem Eroberer die für jeden Staat 
ım Falle eines Gebietserwerbes überhaupt und ganz im Allge- 
meinen bestehende Pflicht auferlegt werden muss, ohne Weiteres 
jedem, der bisher Bürger des annectirten Staates war, auf sei- 
nen Wunsch das Bürgerrecht in dem annectirenden Staate zu 
gewähren, sondern umgekehrt auch eine Verpflichtung der Indi- 
viduen anerkannt wird, dieses Bürgerrecht zu erwerben, und dass 
also in der Annexion immer und unter allen Umständen eine 
Massenzwangsnaturalisation der annectirten Bevölkerung enthal- 
ten ist®). 
4) Diese Zwangsnaturalisation ist ein Begriff, der einzig und allein bei 
der Annexion eines Gesammtstaates durch einen andern Anwendung findet, 
und ein Act, der sich in solchen Fällen ganz von selbst vollzieht. Diejenigen, 
welche bisher Bürger des annectirten Staates waren, werden also im Augen- 
blicke der Annexion ipso jure Bürger des annectirenden Staates; es gibt eben 
keinen anderen logischen Ausweg, und dem gegenüber kann man sich jedes 
Raisonnement sparen, ob derselbe gut oder nicht gut, für die davon Betroffenen 
eine Wohlthat oder ein Nachtheil ist; und keinesfalls kann durch die blosse 
Auswanderung aus dem annectirten Gebiete diese Zwangsnaturalisation gehin- 
dert werden. Die Preussische Judicatur war daber ganz im Rechte, wenn sie 
nach 1866 alle früheren Hannoveraner, Hessen, Nassauer für preussische 
Unterthanen auch dann erklärten, wenn die betr. Personen ihr Land vielleicht 
auch schon vor der Annexion verlassen hatten. Erst, wenn zu der Auswan-
	        
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