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ist daher auch der einzig berufene Vertreter des „Bevölkerungs-
rechtes‘; aber auch er kann vernünftigerweise nicht bei der „Ple-
biscittheorie“ stehen bleiben, da diese letztere, wie gezeigt wurde,
eben doch nicht die völlige „Organisationslosigkeit‘‘ bedeutet. —
Das Dynamit ist die Quelle allen Rechtes; jeder hat nur für
sich selbst zu leben und zu sehen, wie er am besten auf Kosten
der anderen durchkommt. Wäre es möglich, dass eine solche
Carricatur allen vernünftigen Denkens überhaupt die ernste Be-
achtung fände, welche sie heutzutage auf sich lenkt, wenn nicht
schliesslich die Kulturwelt an einer anderen Stelle, nämlich im
internationalen Verkehre selbst ganz genau eben der Lehre des
Anarchismus thatsächlich huldigte?! Sei dem jedoch, wie ihm
wolle, die Theorie des Bevölkerungsrechtes, dass jederzeit durch
ein „Plebiscit‘‘ die jeweilige Ordnung der Dinge in einem Kultur-
staate zerstört oder geändert werden könne, ist und bleibt eine
verfehlte, in sich begriffswidrige. Das ‚‚Plebiscit‘*‘ entspricht über-
haupt nicht denjenigen Anforderungen, welche consequenterweise
nach der ihm zu Grunde liegenden falschen Theorie zu stellen
sind, und noch viel weniger der richtigen Theorie von Wesen
und Ursprung allen Rechtes; jedes Plebiscit ist darum auch in
Wahrheit gar nichts anderes als eine politische Comödie, welche
freilich, so belustigend sie auch erscheint, doch andererseits zeit-
weise durch die Verhältnisse geradezu herausgefordert wurde,
nämlich durch den dauernden Wechsel der Regierungsform. Wenn
bald eine rothe Republik, bald ein legitimes Königthum, mit
den verknöchertesten Principien eines für alle Zeiten abgestor-
benen Feudalismus, bald ein demokratisches Königthum, bald eine
vollendete Dietatur — wenn auch mit manchem, den Kern der Sache
verdeckenden Beiwerke — und schliesslich auch eine ‚„conservative‘
Republik dauernd einander ablösen, so erscheint allerdings das
Volk, ohne irgend eine dieser Organisationen gedacht, als der
einzig feste Punkt in der Erscheinungen Flucht, von dem aus
diese letzteren schliesslich zu dirigiren sind; und man gelangt