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auf dem zu derelinguirenden Gebiete ansässigen Bevölkerung‘
die Dereliction nicht aufhalten kann, weil es eben einen sol-
chen öffentlich-rechtlich wirksamen Widerspruch überhaupt gar
nicht gibt.
Die Dereliction bezieht sich also immer nur auf ein bestimm-
tes Gebiet, als solches; und die Rechtsverhältnisse der in Be-
tracht kommenden Bevölkerung ergeben sich erst mittelbar aus
denjenigen des Gebietes selbst. Der Beschluss zur Dereliction,
welcher in der verfassungsmässig vorgeschriebenen Weise von
der Regierung des derelinquirenden Staates gefasst wird, betrifft
überhaupt nicht unmittelbar die in dem betreffenden Ge-
biete wohnhaften oder begüterten Individuen; dieselbe spielen
dabei nur eine secundäre Rolle, wenn es auch ohne Weiteres
klar werden muss, dass eine allgemeine Theorie erforderlich
wird, nach welcher die Rechtsverhältnisse der Bevölkerung zu
bestimmen sind. Diese Theorie wird jedoch besser erst später
entwickelt, nachdem noch die übrigen hier in Betracht zu ziehen-
den Fälle erörtert worden sein werden, weil sie sich in dieser
Verbindung leichter und verständlicher begründen lässt, als
hier. —
Das Gegenstück zur Dereliction ist die Separation eines
Landestheils von dem Staatsgebiete, welche sich ohne oder gegen
die Zustimmung der Regierung vollzieht: „die Secession“.
Man spricht vielfach von Secession in solchen Fällen, in
welchen es sich um die Lostrennung eines politischen Gemein-
wesens von einem grösseren, auf staatsrechtlicher Grundlage ruhen-
den Verbande mehrerer derartiger Gemeinwesen d. h. aus dem
Verbande eines zusammengesetzten Staates handelt. Besonders
bekannt ist in dieser Hinsicht die Secession, durch welche im An-
fange der sechziger Jahre die Südstaaten der Nordamerikanischen
Union ihre Verbindung mit den Nordstaaten zu lösen versuchten
und die dann zu dem grossen Bürgerkriege führte.