Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

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nichts anderes als den Zerfall eines Staates; wenn und wo sie 
sich vollzieht, da ist in dem Augenblicke, da sie eintritt, die 
Regierung des Staates ihrer Souveränetät, wenigstens über das 
secedirende Gebiet, entkleidet, und diesesletztere erscheint im Augen- 
blicke der Secession als ein unorganisirtes Territorium, auf wel- 
chem nunmehr ein neuer Staat sich zu bilden hat. Die Secession 
ist also ein Vorgang, für welchen sich nun und nimmermehr eine 
formelle, aus dem Rechte des Staates selbst herzuleitende Con- 
struction ermöglichen lässt; sie ist lediglich ein historischer Act, 
der, vom Standpunkte des formellen Rechtes her, immer als re- 
volutionär erscheint. Wo er sich vollzieht, ist er lediglich ein 
Beweis für den Mangel an politischer Lebensfähigkeit eines 
Staates in seiner bisherigen räumlichen Ausdehnung, aber nichts, 
was in der Verfassung eines Kulturstaates von vornherein vor- 
gesehen werden könnte und dürfte, da jede Verfassung selbst- 
verständlich die Lebensfähigkeit des Staates, für welchen sie gilt, 
zur Voraussetzung hat. 
Trotzdem die ganze Sache so ungemein klar liegt, kann man 
sich aber darauf gefasst machen, gelegentlich den Versuch einer 
derartigen Secession an verschiedenen Stellen Europas unter dem 
Vorwande in Scene gesetzt zu sehen, dass es für gewisse Theile 
der Bürgerschaft, namentlich aus Gründen der Nationalität — ein 
unantastbares „Recht der Secession‘“‘ gebe. Das Belustigendste 
dabei wird sein, dass derartige Versuche, für welche sich die 
Welt bei der historischen Schule mit ihrer extremen Hervor- 
kehrung des Nationalitätsprincips würde zu bedanken haben, 
dann begründet werden würden mit der herrlichsten Errungen- 
schaft des revolutionären Vernunftrechtes, dem Bevölkerungs- 
rechte, da das „Recht der Secession‘‘ auch nichts anderes ist als 
eine besondere Erscheinungsform dieses Bevölkerungsrechtes, das 
freilich keinesweges für derartige Eventualitäten erfunden worden 
ist, aber dabei trotzdem sehr erspriessliche Dienste leisten könnte. 
Uebrigens aber ist bei einer „Secession“ durchaus nicht er-
	        
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