Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

— 246 — 
einer sonstigen Aenderung der Territorialgewalt —, sondern ledig- 
lich aus dem thatsächlichen Grunde, weil sie überhaupt voraus- 
sichtlich ohne praktische Bedeutung wäre. Es dürfte also gerade 
hierbei, mit Rücksicht auf die in’s Spiel kommenden besonderen 
Umstände, vielleicht die blosse Anwendung jener Theorie genügen, 
welche vorher als die Statuirung einer Contumaz wegen Verzichtes 
auf das Auswanderungsrecht bezeichnet wurde, und die natürlich 
durch ihre Anerkennung in diesem einzelnen Falle keinesweges 
als allgemein giltig oder berechtigt hingestellt werden soll. — 
Bei der Secession aber, welche freilich, streng genommen, 
hier ebensowenig wie die Annexion im Wege der Eroberung in 
Betracht kommt, weil sie keine legale Veränderung der Länder- 
configuration enthält, läge die Sache einigermassen anders; 
zwar wäre auch hier ohne Weiteres anzunehmen, dass die über- 
wiegende Mehrzahl derjenigen, welche das secedirende Gebiet be- 
wohnen, sich für den auch in diesem Falle sofort und unmittel- 
bar auf demselben neu entstehenden Staat entscheiden würde, 
weil ohne stillschweigende Zustimmung dieser Mehrheit eine Se- 
cession thatsächlich garnicht möglich wäre: allein es wird anderer- 
seits hier doch ein erheblich stärkeres Interesse der Minderheit 
denkbar, ihre alte Staatszugehörigkeit gewahrt zu sehen, als das 
bei der Dereliction zutrifft, bei der der derelinquirende Staat ja 
geradezu darauf hinarbeitet, seine Bürger gleichsam von sich ab- 
zustossen; und hier also liegt, wenn man so sagen darf, für die 
Regierung des neu entstehenden Staates eine wesentlich höhere, 
moralische Verpflichtung, als bei der Dereliction, vor, jedwede 
Zwangsnaturalisation etwa widerstrebender Elemente zu vermeiden. 
Es würde jedenfalls, vom Standpunkte der objectiven Wissen- 
schaft aus, hier verfehlt erscheinen, nicht ganz ausdrücklich und 
auf das Peinlichste jedem Einzelnen das Recht der Option für 
seinen bisherigen Staatsverband zu wahren. — — — Selbst inner- 
halb einer festgefügten völkerrechtlichen Staatengesellschaft also 
kann eine Veränderung in der jeweiligen Länderconfiguration
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.