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Nachweis schuldig, warum eben der Zweck der lex rei sitae und
nicht derjenige der collidirenden lex der massgebende sein solle !P).
Mit einer petitio principii behauptet er, dieser Zweck könne im
Sachenrechte nur durch Nichtberücksichtigung des Personalstatuts
und der lex loci contractus, also durch Anwendung der lex rei
sitae erreicht werden.
Des weiteren führt Bar aus, die Geltung der lex rei sitae sei
vollkommen selbstverständlich nicht; es lasse sich, wie das frühere
Mittelalter zeige, immerhin ein Rechtszustand denken, bei welchem
z. B. Eigenthum nach dem Rechte des bisher Berechtigten auf
den neuen Erwerber übertragen werde und wo z. B. ein bestimm-
tes territoriales Recht fehle; in einem Lande, welches erst an-
fange, von ÜColonisten verschiedener Nationalität in Besitz ge-
nommen zu werden. Allein es ist nicht richtig, wenn Bar meint,
in solchen Fällen müsse man seine Zuflucht zum Personalstatute
nehmen. Sind diese Colonisten einer und derselben Nationali-
tät, so verpflanzen sie das in ihrer ursprünglichen Heimath geltende
Recht natürlicherweise in ihre Colonie, allein nicht vermöge ihres
Personalstatuts, sondern kraft eines in dem rechtsbildenden Be-
streben des einzelnen begründeten, die stillschweigende Zustimmung
sämmtlicher Colonisten voraussetzenden, rechtlichen Willküracts.
In den heutigen Zeiten bildet die Colonisation durch den Staat
die Regel. Jener Act wird daher in solchen Fällen meistens.
vom Staate ausgehen. So erinnern wir beispielsweise hinsicht-
lich der deutschen Schutzgebiete an $ 2 des R.-Ges. vom 17. April
1886 im Zusammenhalt mit $ 3 des R.-Ges. vom 10. Juli 1879.
Sind nun die Colonisten verschiedener Nationalität,
10) Bar widerspricht sich selbst übrigens in diesem Punkte Bd. I S. 596
Anm. 5 bei der Widerlegung WuArton’s: Daher darf man die nationalökono-
mischen Gesichtspunkte nicht als die in Wahrheit entscheidenden betrachten.
Es würde daraus der falsche Satz folgen, dass, wenn zwei verschiedene Ge-
setzgebungen nachweislich dieselben nationalökonomischen Zielpunkte
verfolgen, die Ausschliesslichkeit der lex rei sitae nicht in dem sonst er-
forderlichen Maasse festzuhalten wäre.