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kann. Die eigentliche Verwerthung des Geistesguts findet daher
durch den Verleger statt, während der Autor es in der Regel
nur dadurch ausbeutet, dass er vom Verleger ein — meist voraus-
bestimmtes — festes Honorar bezieht.
Den Verlagsvertrag in der soeben angedeuteten Form können
wir als Normalfall bezeichnen; wenigstens wird sich später bei
Berücksichtigung der Abweichungen ergeben, dass er sich meist
wieder auf diesen Fall zurückführen lässt.
Der Verlagsvertrag ist aus unserem heutigen Verkehrsleben
erwachsen; es ist daher sehr begreiflich, dass wir ın den uns aus
dem römischen Recht überlieferten Verlagsformen keine passende
Form für ıhn finden. Immerhin ist der Versuch häufig unter-
nommen worden, und zwar aus dem verzeihlichen Wunsch heraus
eine für das Verständniss des Wesens und der Folgen des Ver-
lagsvertrags geeignete Handhabe dadurch zu gewinnen, dass man
ihn unter diejenigen Schulbegriffe unterbringt, die unser ganzes
Juristisches Denken beherrschen. Auch wir wollen uns den Vor-
theil einer solchen Handhabe nicht entgehen lassen, machen aber
den ausdrücklichen Vorbehalt, dass es uns nicht um eine Üon-
struction, sondern nur um die Gewinnung von Analogien zu thun ist.
Der Autor überlässt dem Verleger das in seinem Eigenthunı
stehende Geistesgut gegen Honorar zur Verwerthung, d. h. zum
bestimmungsgemässen wirthschaftlichen Genuss. Der Verleger
hat die Verpflichtung der zweckentsprechenden Veröffentlichung
und Verbreitung. Diese Fassung des zwischen Autor und Ver-
leger bestehenden Rechtsverhältnisses genügt, um zu erkennen,
dass wir es mit keinem einheitlichen Rechtsverhältniss zuthun haben.
Wir gelangen vielmehr, indem wir die vollen Consequenzen daraus
ziehen, dass wir das Geistesgut als eine Sache betrachten?), zu
folgendem Ergebniss: Der normale Verlagsvertrag entspricht einer
Vereinigung von Sachmiethe und Mandat.
9) Altes und Neues. S. 80.