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so muss ihnen das vormundschaftliche Gericht auf gebührendes
Ansuchen hilfreiche Hand leisten. Dies Gericht muss das Ver-
halten der Eltern sowohl als des Kindes summarisch und ohne
Zulassung eines förmlichen Prozesses untersuchen. Nach Befinden
der Umstände muss alsdann die Art und Dauer der anzuwenden-
den Besserungsmittel von ihm bestimmt werden.‘ An diese Vor-
schriften knüpfte sich unter anderen Streitfragen besonders die,
ob auch die gefängliche Einsperrung in eine Öffentliche Anstalt
als Zwangsmittel statthaft sei. Auf Grund eines Rescripts vom
11. März 1806, welches die Auffassung vertrat, dass die Gesetze
„es dem Vater nicht ausdrücklich gestatten, sein Züchtigungs-
recht bis auf die Einsperrung in eine Öffentliche Straf- oder
Besserungs-Anstalt auszudehnen“, und dass letztere deshalb nicht
auf Beschluss des Vormundschaftsgerichts, sondern nur auf Grund
einer (als Specialgesetz aufzufassenden) Allerhöchsten Ordre er-
folgen könne, bildete sich allmählich eine dementsprechende
Praxis. Diese Praxis wurde jedoch durch die Ausführung SroeL-
zEeıs!), dass das ihr zu Grunde liegende Rescript von 1806 durch
die Verfassung gegenstandslos geworden sei, insofern heutzutage
die eingeholte Königliche Genehmigung nicht mehr, wie ehedem,
die Wirkung eines Specialgesetzes haben könne, wesentlich er-
schüttert. Auch Dernsure®), welcher im Uebrigen STOELZELS Aus-
führung als bestreitbar erachtet, erkennt deren Einfluss auf die
heutige Praxis an und bemerkt, dass heutzutage eine bezügliche
Einsperrung nicht leicht mehr vorkomme. Er selbst hält die
Eltern für befugt, „die Kinder, wenn dies erforderlich wird, auf
Grund des Beschlusses des Vormundschaftsgerichts in öffentliche
Besserungs- und Erziehungs-Anstalten unterbringen zu lassen,
falls die Administration dieselben zu diesem Zweck eröffnet“.
Dieser Ansicht möchte ich beipflichten. Da das A. L.-R. dem
14) Einzelfragen aus dem Recht der väterlichen Gewalt im Justizmini-
sterialblatt pro 1875 S. 22 ff., 26 ff.
15) Preuss. Privatr. Bd. III $ 51 Note 23.