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Die niederländische Regierung ist nach den auf Grund des
Fremdengesetzes von 1849 geschlossenen deutschen Verträgen
zur Auslieferung dieser Individuen nicht verpflichtet, wohl aber
steht heute der Gewährung derselben nach Beseitigung des
gegen dieselbe gerichteten gesetzlichen Verbots kein Hinderniss
ım Wege.
Nach deutscher Auffassung sind die in den Verträgen ge-
nannten Kategorien durchaus Ausländer.
Hat der Verbrecher auch erst nach der Strafthat die
niederländische Staatsangehörigkeit erworben, so wird seitens der
Niederlande die Auslieferung verweigert. Die Auffassung des
höchsten Gerichtshofes (Hooge raad) geht hierin sehr weit °®).
Berücksichtigt wird darnach der Erwerb der Staatsangehörigkeit
nicht etwa bis zum Eintreffen des Auslieferungsantrages, sondern
bis zum Erlass der Entscheidung über denselben. Eine Frauens-
person braucht im letzten Monate vor der justizministeriellen
Entscheidung sich nur mit einem Niederländer zu verheirathen,
um gegen Auslieferung geschützt zu sein. Nach Art. 5 ist die
Verfolgung im Inlande wegen im Auslande begangener Ver-
brechen auch zulässig, wenn der Beschuldigte erst nach Be-
gehung der Handlung Niederländer wird.
Hat dagegen der Verbrecher zur Zeit des Eingangs des
Auslieferungsbegehrens die niederländische Staatsangehörigkeit
bereits verloren, so muss seine Auslieferung erfolgen. Der Um-
stand, dass er zur Zeit der That noch Niederländer war, steht
nicht entgegen.
Art. 156 des niederländischen Staatsgrundgesetzes vom 6.
November 1887 lautet: ‚niemand kan tegen zijn will worden
afgetrocken van de richter dien de wet hem toekent“*. Aus
dieser Bestimmung folgert Lammascn, a. a. O. 8. 381, dass die
Nichtauslieferung der Inländer ein Privileg sei, auf dessen Geltend-
°°) Vgl. Jonee, Uitlevering van eigen onderdanen. Leyden 1884 S. 191.