Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

seits aber schneiden die $$ 1546 und 1685 Satz 2 des Entwurfes 
die zur Zeit nach $ 28 Abs. 1 der preuss. Vorm.-Ord. bestehende 
Möglichkeit ab, der Mutter, auch wenn dieselbe die Erziehung 
nicht vernachlässigte, dennoch diese aus erheblichen anderen 
Gründen zu entziehen. Diese der Mutter günstigere Auffassung 
des Entwurfes erklärt sich daraus, dass nach letzterem die Mutter 
in Ermangelung des Vaters die elterliche Gewalt über ihre minder- 
jährigen Kinder besitzt, und dass die Erziehungsgewalt einen Be- 
standtheil bezw. ein residuum der elterlichen Gewalt bildet. (Vgl. 
Mot. zu $ 1685.) 
IV. Kritik. 
A. Der hauptsächlichste Vorwurf, den ich gegen die neue 
Codification in Ansehung des Zwangserziehungsrechts erheben 
muss, ist der, dass sie die Materie, durch theilweise Ueberweisung 
derselben an die Landesgesetzgebung, ohne zwingenden Grund 
zerreisst. 
Es kann in Frage kommen, ob überhaupt das Bürger- 
liche Gesetzbuch diese Materie zu regeln habe, und die Ent- 
scheidung dieser Frage wird davon abhängen, ob man das 
/wangserziehungsrecht seinem Schwerpunkte nach dem öffent- 
lichen oder dem Privatrechte zuweist. Die Zwangserziehung 
bezweckt: einerseits das Kind vor sittlichem Verfall, anderer- 
seits die Gesellschaft vor dem aus der verwahrlosten Jugend 
sich später entwickelnden Verbrecherthum zu schützen. Insoweit 
ihrem Zwecke nach) gehört sie zweifellos dem öffentlichen 
Rechte an. In ihrer Wirkung charakterisirt sich aber die An- 
ordnung der Zwangserziehung als ein tiefer Eingriff in bestehende 
Privatrechte, wenigstens insoweit sie nicht elternlose Kinder 
betrifft. Denn die Erziehungsgewalt der Eltern ist eines ihrer 
wichtigsten Privatrechte, das ihnen nicht ohne oder gar gegen 
ihren Willen entzogen werden kann, und auch den Kindern 
steht das der Erziehungspflicht der Eltern correspondirende Recht,
	        
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