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Könige von Preussen Namens der Verbündeten und aus eigenem
Rechte zustehenden Befugnissen eine praktische Bedeutung unter
und bahnten damit gleichzeitig eine weitere Entwicklung der
Präsidialbefugnisse in einer damals nicht geahnten Weise an.
Die Organisation der Bundesverfassung, wie sie dem preussi-
schen und dem dem verfassungberathenden Reichstage vorgelegten
Entwurfe der verbündeten Regierungen vorschwebte, schlug der
herrschenden Richtung der öffentlichen Meinung, welche sich an
dem constitutionellen Einzelstaate und der diesem nachgebildeten
Reichsverfassung von 1849 entwickelt hatte, geradezu ins Gesicht.
Man war einfach unfähig, sich ein constitutionelles Staatswesen in
dem Zusammenwirken eines seiner Natur nach unverantwortlichen
Gesandtencongresses und einer gewählten Vertretung ohne eine
verantwortliche Regierung zu denken. Schon bei der Berathung
des Verfassungsentwurfes durch die Commissare der verbündeten
Regierungen war von Oldenburg die Einsetzung eines Bundes-
ministeriums verlangt worden!!). In dem verfassungberathenden
Reichstage nahmen die Anträge AusreLp und ERXLEBEN, welche
die Einrichtung eines verantwortlichen Bundesministeriums, und
LAsKER und v. BENNIsSEN, welche die Bestellung verantwortlicher
Commissarien und Vorstände für einzelne Verwaltungszweige
forderten, den gleichen Gedanken wieder auf. Alle diese An-
träge wurden jedoch Namens der verbündeten Regierungen von
dem Grafen Bismarck als mit den Grundlagen der Bundesver-
fassung in Widerspruch stehend zurückgewiesen, da es nach ihr
ausserhalb des Bundesrathes und der Organe der preussischen
Prärogative besondere Bundesbehörden gar nicht geben könne,
der Bundeskanzler insbesondere nur preussischer Präsidialgesandter
sei. In der Organisation einer besonderen Bundesverwaltung sah
man eine Mediatisirung der Einzelstaaten, insbesondere Preussens,
11) Vgl. die oldenburgische Erklärung zu dem Schlussprotocolle vom
7. Februar 1867 bei L. Hann, a. a. O. S, 489 ff.