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binden kann, ist es in dem Staate, dessen Verfassung nicht auf
dem monarchischen Principe beruht, lediglich eine Frage des con-
creten Verfassungsrechtes, inwieweit dem Monarchen eine Mit-
wirkung bei der Gesetzgebung zustehen soll. Insbesondere liegt
hier, da der Act des Staates nicht identisch ist mit dem Act des
Monarchen, keine innere staatsrechtliche Nothwendigkeit für die
Annahme vor, dass ein Gesetz nicht gegen den Willen des Monar-
chen in Kraft treten könnte.
In England, wo die Souveränetät dem King in Parliament,
d. h. dem Parlamente in Gemeinschaft mit der Krone zugeschrie-
ben wird, besteht nach der unter den englischen Juristen allge-
mein herrschenden Ansicht weder ein Recht des Monarchen zur
gesetzgeberischen Initiative, noch ein absolutes oder suspensives
Veto desselben, eine Initiative um deswillen nicht, weil jeder Ge-
setzentwurf im Parlamente in der Form einer Petition an die
Krone, das Gesetz zu erlassen, eingebracht wird, ein Veto nicht,
weil die Krone schon bei der parlamentarischen Berathung der
Bill durch das Cabinet, das jedoch die Krone nicht frei wählen
kann, ihre Zustimmung erklären lasse. Jedenfalls ist das früher
bestehende königliche Veto durch Desuetudo beseitigt, so dass
ein Gesetz auch gegen den Willen des Königs in Kraft treten
kann. Die Thätigkeit des Monarchen bei der Gesetzgebung be-
schränkt sich daher auf den Formalact der Vollziehung des Ge-
setzes. Die belgische Verfassung legt dagegen allerdings trotz
der Anerkennung des Princips der Volkssouveränetät die Aus-
übung der gesetzgebenden Gewalt in die Hände von König und
Kammern gemeinschaftlich und gewährt damit dem König ein ab-
solutes Veto. Dieses verfassungsmässige Recht des Königs wird
aber eliminirt durch die Praxis der parlamentarischen Regierung,
welche den König bei Ausübung seiner Rechte an die Mitwirkung
des aus der Kammermajorität hervorgegangenen Ministeriums
bindet. Gerade aus diesem Umstande erklärt sich das bei der
Verfassungsrevision hervorgetretene Streben, dem König statt des