Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

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anderen Organes nicht auf. Weder der Kaiser, dessen über- 
ragende Stellung mehr auf politischem als auf staatsrechtlichem 
Gebiete liegt, noch der Bundesrath, der wohl politisch, nicht 
aber staatsrechtlich dem Collectivsouverän näher steht als dessen 
andere verfassungsmässige Organe, hat eine solche allgemeine 
Vermuthung für sich. Nur für einzelne Materien, so z. B. beim 
Erlass von Ausführungsverordnungen zu Gunsten des Bundes- 
rathes, bei Beamtenernennungen zu Gunsten des Kaisers, bestehen 
derartige Rechtsvermuthungen. 
Es lässt sich nicht verkennen, dass die von der Reichsver- 
fassung beliebte Form der Abgrenzung der Regierungsrechte von 
Bundesrath und Kaiser, wie durchschlagend auch das dafür mass- 
gebende politische Motiv sein mochte, der Rechtsstellung keines 
von beiden zu Gunsten des anderen zu präjudiciren, in der 
Praxis namentlich gegenüber neu auftauchenden Aufgaben des 
Reiches zu Schwierigkeiten führen kann. Es ist in dieser Be- 
ziehung namentlich an die bei Begründung der deutschen Colo- 
nien viel umstrittene Frage zu erinnern, wer der Vertreter der 
souveränen Reichsstaatsgewalt‘ innerhalb der Schutzgebiete sei. 
Lücken der Gesetzgebung, die sich in derartigen Fällen heraus- 
stellen, sind aber immerhin noch nicht solche der Rechtsordnung. 
Die Fragen müssen auf Grund analoger Bestimmungen des aner- 
kannt geltenden Verfassungsrechtes entschieden werden. Politisch 
vorzuziehen ist allerdings immer eine Lösung durch die Gesetz- 
gebung, wie sie auch in dem oben erwähnten Falle erfolgt ist. 
Das Reich ist nun aber nicht durchgängig auf einzelne, ihm 
durch die Reichsverfassung zugesprochene Hoheitsrechte be- 
schränkt. In den Gebieten, für welche das Supplement des Ein- 
zelstaates fehlt, übt es die Fülle der Staatsgewalt. Hier musste 
bei der rechtlich gar nicht formulirbaren Mannigfaltigkeit der 
Staatsaufgaben für ein verfassungsmässiges Reichsorgan eine 
Rechtsvermuthung der Zuständigkeit auf dem Gebiete der Regie- 
rung aufgestellt werden. Dies ist in der That geschehen und zwar
	        
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