gegenwärtig als gewohnheitsrechtlich feststehend betrachtet wer-
den. Die praktische Bedeutung der Titelverleihung als eines
kaiserlichen Regierungsrechtes besteht darin, dass sie von dem
Landesherren des deutschen Einzelstaates, dessen Angehöriger der
Beliehene ist, nicht durch Ertheilung oder Versagung der Ge-
nehmigung in Frage gestellt werden darf. So hat der vortragende
Rath eines obersten Reichsamtes, der bayerischer Staatsange-
höriger ist, nicht, wenn ihm der Charakter als Geh. Ober-Regie-
rungsrath beigelegt wird, zur Annahme dieser Auszeichnung die
(Genehmigung des Prinzregenten von Bayern, ein in Metz ansässı-
ger Arzt, der aus Reuss ä. L. stammt, bei Ertheilung des Charac-
ters als Sanıtätsrath nicht die Genehmigung seines Fürsten nach-
zusuchen.
Mit dem gleichen Rechte wie die Titelverleihung könnte der
Kaiser auch die Befugniss zur Verleihung von Orden und zur
Versetzung in den Adel für sich insoweit in Anspruch nehmen,
als es sich dabei um Beziehungen des Reiches handelt. Wegen
der Verbindung der Kaiserwürde mit der preussischen Königs-
würde hat sich aber in dieser Hinsicht ein praktisches Bedürf-
niss noch nicht herausgestellt, und es sind bisher keine Präce-
denzfälle für Ausübung dieser Rechte vorhanden. Insbesondere
werden an Reichsbeamte und in Elsass-Lothringen von dem Kaiser
nur preussische Orden in seiner Eigenschaft als König von
Preussen verliehen, und auch die vereinzelt vorgekommene Ver-
setzung von Reichsbeamten in den Adelstand ıst seitens des
Königs von Preussen erfolgt ?°).
Wie Gesetzgebung und Regierung, steht auch die Justizge-
walt des Reiches der Substanz nach dem Collectivsouverän zu.
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29) Von staatsrechtlichem Interesse wäre eine Feststellung darüber, wer
die Verleihungen preussischer Orden in Elsass-Lothringen gegenzeichnet und
ob nicht preussische Reichsbeamte zur Annahme preussischer Orden die Ge-
nehmigung ihres Landesherrn nachsuchen.
Archiv für öffentliches Recht. VII. 2. 3. 3