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Nicht wie in den deutschen Einzelstaaten mit monarchischer Sou-
veränetät im Namen des Monarchen, sondern im Namen des
Reiches wird daher dessen Gerichtsbarkeit ausgeübt. Die Aus-
übung der Gerichtsbarkeit selbst, die Einwirkung auf die Ent-
scheidung des concreten Falles ist nun aber schon nach dem con-
stitutionellen Verfassungsrechte der deutschen Einzelstaaten dem
Monarchen entzogen und in die Hände unabhängiger Gerichte
gelegt. Das Reichsrecht weicht von diesen im Landesstaatsrechte
ausgebildeten Grundsätzen nicht ab. Da nun die Substanz der
Justizgewalt dem Reiche als Collectivsouverän, ihre Ausübung un-
abhängigen Gerichten zusteht, so ist damit principiell jedes Recht
des Kaisers auf dem Gebiete der Justizgewalt negiert in ähnlicher
Weise und aus denselben Gründen, wie ein solches monarchisches
Recht auch in den auf der Volkssouveränetät beruhenden Ver-
fassungen keine Anerkennung finden kann.
Gleichwohl ist der Kaiser nicht von jeder Theilnahme an
der Ausübung der Justizgewalt des Reiches ausgeschlossen. Auch
hier hat sich sein monarchisches Recht, von dem die Reichsver-
fassung noch nichts weiss, mit der unwiderstehlichen Gewalt
einer historischen Nothwendigkeit, Geltung und Anerkennung
verschafft.
Der Kaiser wirkt zunächst an der Ausübung der Justizgewalt
mit, indem er als Träger der gesetzgebenden Gewalt des Reiches
die zur Ausübung der Rechtsprechung bestimmten Gerichte unter
Zustimmung der beiden anderen gesetzgebenden Factoren organi-
sirt, und indem er das erforderliche Beamtenpersonal ernennt oder
durch die Organe seiner Regierung ernennen lässt. Doch ist ge-
rade in letzterer Beziehung sein monarchisches Recht durch die
Vorschlagsbefugnisse des Bundesrathes, namentlich durch die bei
Besetzung der Stellen am Reichsgerichte übliche Praxis, welche
die Ernennung materiell in die Hand der Einzelstaaten legt, be-
deutend beschränkt.
Wie alle unmittelbare Verwaltung des Reiches in dem Kaiser