Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

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Nicht wie in den deutschen Einzelstaaten mit monarchischer Sou- 
veränetät im Namen des Monarchen, sondern im Namen des 
Reiches wird daher dessen Gerichtsbarkeit ausgeübt. Die Aus- 
übung der Gerichtsbarkeit selbst, die Einwirkung auf die Ent- 
scheidung des concreten Falles ist nun aber schon nach dem con- 
stitutionellen Verfassungsrechte der deutschen Einzelstaaten dem 
Monarchen entzogen und in die Hände unabhängiger Gerichte 
gelegt. Das Reichsrecht weicht von diesen im Landesstaatsrechte 
ausgebildeten Grundsätzen nicht ab. Da nun die Substanz der 
Justizgewalt dem Reiche als Collectivsouverän, ihre Ausübung un- 
abhängigen Gerichten zusteht, so ist damit principiell jedes Recht 
des Kaisers auf dem Gebiete der Justizgewalt negiert in ähnlicher 
Weise und aus denselben Gründen, wie ein solches monarchisches 
Recht auch in den auf der Volkssouveränetät beruhenden Ver- 
fassungen keine Anerkennung finden kann. 
Gleichwohl ist der Kaiser nicht von jeder Theilnahme an 
der Ausübung der Justizgewalt des Reiches ausgeschlossen. Auch 
hier hat sich sein monarchisches Recht, von dem die Reichsver- 
fassung noch nichts weiss, mit der unwiderstehlichen Gewalt 
einer historischen Nothwendigkeit, Geltung und Anerkennung 
verschafft. 
Der Kaiser wirkt zunächst an der Ausübung der Justizgewalt 
mit, indem er als Träger der gesetzgebenden Gewalt des Reiches 
die zur Ausübung der Rechtsprechung bestimmten Gerichte unter 
Zustimmung der beiden anderen gesetzgebenden Factoren organi- 
sirt, und indem er das erforderliche Beamtenpersonal ernennt oder 
durch die Organe seiner Regierung ernennen lässt. Doch ist ge- 
rade in letzterer Beziehung sein monarchisches Recht durch die 
Vorschlagsbefugnisse des Bundesrathes, namentlich durch die bei 
Besetzung der Stellen am Reichsgerichte übliche Praxis, welche 
die Ernennung materiell in die Hand der Einzelstaaten legt, be- 
deutend beschränkt. 
Wie alle unmittelbare Verwaltung des Reiches in dem Kaiser
	        
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