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„kann das Ministerium eine Gemeinde nur dann anhalten, eine
„neue Schule zu errichten, wenn die im Gesetze gegebenen Voraus-
„setzungen gegeben sind.‘ Würden diese Zusätze gestrichen, so würde
in dieser Beziehung alles Ermessen der Regierung überlassen.
Dieser Auffassung trat Abg. HırscHBERGER mit der Erklärung
entgegen, dass durch die Einstellung der fraglichen Facultative
die Regierung eben ein gesetzliches Recht erhalte, schon für
25 Kinder auf Gründung einer Schule unter der gegebenen Vor-
aussetzung bestehen zu können. Die Nichtertheilung dieser ge-
setzlichen Vollmacht werde die Regierung in den einzelnen Fällen
zur eingehenderen Prüfung der Frage, ob eine Schule für eine
geringere Kinderzahl errichtet werden solle, veranlassen.
Der Vertreter der Regierung berührte in seinen Darlegungen
zu Art. 2 (Entwurf 5), obwohl eine ausdrückliche Wahrung der
Organisations-Rechte der Regierung nicht zwecklos gewesen wäre,
diesen Zusatz gar nicht, Abs. 4 wurde von der Kammermehrheit
angenommen.
Der Ausschuss-Referent der Reichsrathskammer meinte, bei der
Anwendung dieser Bestimmung müssten auch noch andere Mo-
mente, wie Beschwerlichkeit der Wege etc. erwogen werden;
im Uebrigen sei die Bestimmung zur Beseitigung schwerer Uebel-
stände geeignet.
Die Reichsrathskammer stimmte ohne Debatte dem Zusatze bei.
Man kann weder mit diesen sich widerstreitenden Dar-
legungen einzelner Redner noch mit dem Schweigen der Regie-
rung oder mit dem Zwecke des Gesetzes eine Interpretation be-
gründen, welche dem Wortlaute des Gesetzes nicht entspricht.
Es darf auch nicht subsumirt werden, dass der Gesetzgeber eine
für das Volksschulwesen verderbliche Vorschrift geben wollte. Die
Beschränkung des Organisationsrechtes in dem behaupteten Masse
würde die Vermehrung der Schulen, welche mit Rücksicht auf die
Zunahme der Bevölkerung nothwendig ist, in das Ermessen der
Gemeinden stellen; denn die Regierung könnte die Errichtung