— 509 —
geltenden Normen die thatsächliche Durchführung dieses angeb-
lichen Principes überhaupt ermöglicht. Der Einfluss der politi-
schen Gemeinde auf die Schule, auf deren Wirkungskreis etc. ist
so gering, dass man nicht von einer gemeindlichen autonomen
Verwaltung dieser „Gemeindeanstalt‘‘ sprechen kann.
Das oben dargelegte Verhältniss zwischen „Kirche“ und
Schule??®) wird ebenfalls durch das Schulbedarfsgesetz — wie der
Minister mit Recht betonte — nicht alterirt. Die Schulen waren
auch vor Erlassung des Gesetzes nicht Anstalten von Kirchenge-
meinden; denn auch durch die Umbildung der Schulsprengel nach
den Pfarrsprengeln war die Schule nicht zur Pfarrschule im
Rechtssinne geworden °°), ganz abgesehen davon, dass Kirchenge-
meinden als Corporationen des öffentlichen Rechtes oder Subjecte
des Privatrechtes sowenig existiren °!) als die fingirten Schulge-
meinden. Der Umstand, dass den Gemeinden die subsidiäre
Unterhaltungspflicht der Schulen obliegt, hindert grundsätzlich
lie Staatsregierung nicht, confessionelle Schulen zu belassen und
zu errichten, auch für eine confessionelle Minderheit von Ge-
meindeangehörigen °?2); denn diese Befugniss gründet sich auf das
staatliche Organisationsrecht (s. o.). Dieses Recht müsste insbe-
sondere dann zur Geltung kommen, wenn die Trennung der
Schulen nach Confessionen streng — unter Beseitigung der sog.
Nothsimultanschulen — durchgeführt werden sollte.
Der Referent der Reichsrathskammer hatte mithin bei seiner
sonst unrichtigen Deutung des Art. 1 Recht mit der Erklärung,
dass die Competenzen des Staates und der Kirche — soweit natür-
lich letzterer Competenzen bis dahin zukamen — bei ÖOrganisa-
29a) SeyDEL a. a. O. Bd. VI S. 404.
30) Vgl. die Darlegung des Staatsministers v. Lutz in der Sitzung der
Abg.-K. v. 4. Nov. 1881/82 Bd. I S. 75. Sp. 1.
31) Vgl. die Darlegungen in SEYDEL, bayer. St.-R. Bd. VI S. 296 ff.,
307 u. ff.
82) Uebereinstimmend Bl. f. adm. Pr. Bd. 15 S.409 u. ff., Bd. 22 8.110
Bd. 14 S. 48 ff., anders Bd. 21 S. 251 ff.
Archiv für öffentliches Recht. VIII. 2. 3. 33