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Personen zu verweigern, welche an einer Armenversorgung teil
haben oder dem Bettel ergeben sind oder sonst ein unstetes
Leben führen), so darf auch in Bayern nach altbegründetem Recht
die Verehelichung eines den Landesteilen rechts des Rheins
angehörigen Mannes nur auf Grund eines von der Distriktsver-
waltungsbehörde seiner Heimatgemeinde ausgestellten Zeugnisses
erfolgen, dass gegen die beabsichtigte Eheschliessung kein in
Gesetz über Heimat, Verehelichung und Aufenthalt vom 16. April
1868 begründetes Hindernis bestehe. Und zwar ist die Erteilung
des Zeugnisses von verschiedenen Voraussetzungen abhängig, ein-
mal zur Wahrung von Privatinteressen von Erhebungen über das
Nichtvorhandensein zivilrechtlicher Ehebeschränkungen, dann im
Interesse des Staatsdienstes im weiteren Sinne von dem Nachweis,
dass der Verehelichung Militärdienstpflicht oder berufsmässiger
öffentlicher Dienst nicht ım Wege sind, und endlich von dem
Nichtbestehen eines Einspruches der Heimatgemeinde des Mannes
bezw. bei nur vorläufiger Heimat desselben des Fiskus, eines Ein-
spruches, der aus einer gesetzlich festbegrenzten Anzahl von
Gründen erhoben werden kann, durch welche Ehen von moralisch
und wirtschaftlich schwachen Personen im Interesse der unter-
stützungspflichtigen Heimatsgemeinde bezw. des Fiskus verhindert
werden sollen ?).
So sehr die beiden Rechte, das Tirols und das Bayerns, wie
das Vorstehende zeigt, in der rechtlichen Form, in welche die po-
lizeiliche Ehebeschränkung gekleidet ist, übereinstimmen — in beiden
1) Vergl. hierüber v. Carı, Art. Armenwesen in Österreich und Art.
Armenpolizei in Oesterreich im Handwörterbuch der Staatswissenschaften von
ConkAD, Eıster, Lexıs, Lönıns Bd. I S. 862 und 925, ferner mein
Art. Eheschliessung ebenda Bd. II S. 10 und Ewıster, Art. Bevölkerungs-
wesen a. gl. O. Bd. II S. 502.
?”) Das Nähere hierüber siehe bei Seypeı, bayrisches Staatsrecht Bd.
VS. 186 ff, dann in v. Rırper’s und v. MüLzer’s Kommentar zum bayer.
Ges. über Heimat ete., vom 16. April 1868, in 6. Aufl. herausgeg. von PröBsT
(1892) S. 219 ff, u. in meinem Art. Eheschliessung a. a. 0.8.7 u. 8.