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nicht getheilt hätte, so konnte das königliche Veto mit um so
grösserem (Gewichte dieser entgegengesetzt werden, so war der
Monarch berechtigt, selbst wenn die auf Grund neuer Wahlen
gewählten Kammern die Meinung der aufgelösten zu der ihrigen
gemacht hätten, in seinem Widerstande zu verharren. Der Ein-
wand, dass durch die Anordnung der Befragung der Wählerschaft
der Monarch selbst in die Arena der Parteikämpfe herabgestiegen
wäre und die Meinungsäusserung der Wahlberechtigten unter
Umständen eine direkte Spitze gegen die Krone haben würde,
ist nicht als richtig anzuerkennen; denn die Verantwortung für
die Anordnung trugen unter allen Umständen die Minister, welche
dieselbe gegengezeichnet hatten, der Monarch wäre auch in An-
sehung dieser Massregel nicht minder unverantwortlich gewesen
wie bei jeder anderen. Bei der grundsätzlichen Berathung der
Revisionsfrage in der Kammer sprachen sich zu Gunsten des
Princips der Einführung des Königsreferendums 44 Deputirte aus,
dagegen erklärten sich 33 und der Abstimmung enthielten sich
14. Es wurde dabei ausdrücklich erklärt, dass man durch die An-
nahme des Vorschlages der Regierung der Entscheidung der künf-
tigen Kammer, deren Hauptaufgabe ja die Verfassungsrevision
bilde, nicht vorgreifen wolle. Bei der Berathung in den Sectionen
entstanden Zweifel darüber, ob die Einführung dieses Rechtes
dem König die Befugniss verleihe, auch vor der Befassung der
Kammern mit einem bestimmten Gesetzentwurfe die Wählerschaft
um ihre Ansicht darüber zu befragen; die Mehrheit verneinte
diese Frage mit grosser Bestimmtheit, während die Minderheit
gegentheiliger Meinung war und gerade in dieser Befugniss des
Monarchen einen Grund erblickte, die ganze Institution zu ver-
werfen, weil das Recht der vorherigen Befragung der Wähler-
schaft thatsächlich nichts Anderes bedeute, als die Einführung des
imperativen Mandates. In dem Berichte der Kammerausschüsse
wird der Gegensatz zwischen der repräsentativen Monarchie
und der directen Volksgesetzgebung scharf hervorgehoben, Re-
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