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Es darf „als notorisch bezeichnet werden, dass die in den
mittleren und kleineren Städten vorhandenen Polizei - Exekutiv-
Beamten sich vielfach auf einem niedrigen Niveau befinden und
nicht die erforderliche Autorität geniessen. Die städtischen Po-
lizeidiener'), welche nicht versetzt, nur im Wege des Disciplinar-
verfahrens aus ihrem Amte entfernt werden können, welche viel-
fach zu anderen als polizeilichen Geschäften verwandt werden
müssen und jeder militärischen Disciplin ermangeln, stehen gegen
die Gendarmen soweit zurück, dass in Fällen, wo es auf ein
energisches Einschreiten ankommt, mit einigen Gendarmen mehr
ausgerichtet werden kann als mit der doppelten Anzahl städtischer
Polizeidiener. Es hat auch die Erfahrung, namentlich bei den
Strikebewegungen der letzten Jahre, unwiderleglich gezeigt, dass
nur mit Hülfe der Landgendarmerie die Aufrechterhaltung der
öffentlichen Ruhe in mittleren und kleineren Städten hat ge-
sichert werden können.“
Nach alle dem hätte man, wie schon gesagt, eigentlich an-
nehmen müssen, dass man die städtische Polizeiverwaltung ganz
abschaffen würde, anstatt sie noch in Städten, welche sie jetzt
nicht besitzen, in’s Leben zu rufen. Aber davon ist keine
Rede, sondern es soll ihr durch Vermehrung der Zahl der Land-
gendarmen aufgeholfen werden; denn an diesen rühmt man die
militärische Zucht, den Umstand, dass sie des Königs Rock
tragen, den Vorzug militärischer Vorgesetzen und die Einheit des
Dienstes. Wenn wir dies im Einzelnen prüfen, so werden sich
aber vielleicht einige Punkte finden, die diese Vorzüge zum Theil
etwas weniger werthvoll erscheinen lassen. Die militärische Zucht
der Gendarmerie soll nicht in Abrede gestellt werden; es ist das
aber nichts ihr eigenthümliches. Dieselbe Zucht herrscht bei den
königlichen Polizeiverwaltungen und wird auch wohl bei der Mehr-
zahl der grösseren städtischen Polizeiverwaltungen vorhanden sein,
3) Warum die Begründung des Gesetzentwurfs von Polizeidienern
redet, während die amtliche Bezeichnung Polizei -S ergeant ist, bleibt un-
aufgeklärt; vielleicht sollte auch noch damit ihre untergeordnete Stellung an-
gedeutet werden.
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