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Vorlesungen (namentlich in solchen über Pandekten, deutsches Privatrecht,
Handels- und Wechselrecht) heutzutage noch fast durchgängig genügen müssen,
und dass man nur höchst selten einer Anzeige des internationalen Privat- und
Strafrechts in dem Lectionsverzeichnisse der einen oder anderen unserer
grössten Universitäten begegne, welche übrigens bald wieder für längere Zeit
verschwinde 1),
Es dürfte nun sicherlich das uns vorliegende, der „juristischen Hand-
bibliothek“ eingereihte Lehrbuch unseres hochverdienten Altmeisters auf
dem Gebiete des internationalen Privatrechts dazu beitragen, dass im deutschen
Reich und im deutschen Oesterreich ein Wandel zum Bessern in besagter
Richtung eintrete. Der stets sich steigernde internationale Verkehr wird natur-
gemäss auch in Deutschland und Oesterreich dazu drängen, sich besseres
Verständniss als bisher in den einschlagenden Fragen zu verschaffen, man
wird unser Lehrbuch anfänglich zu Rathe ziehen, ehe man sich weiter in die
Materie vertieft, und so wird das Lehrbuch selbst das Studium und die wissen-
schaftliche und praktische Beschäftigung mit dem internationalen Rechte wohl-
thätig befruchten. Bald dürfte sich dann eine eingehendere Behandlung dieses
Rechtes auf unseren Universitäten Bahn brechen, wozu namentlich auch unseres
Altmeisters Lehrbuch beitragen wırd, indem es sich trefflich eignet, Vorles-
ungen über internationales Privatrecht zu Grunde gelegt zu werden, zudem
auch die Regierungen sich dem Gedanken, Wandel zum Bessern in dieser
Richtung zu schaffen, auf die Dauer nicht verschliessen werden, da die eminent
praktische Wichtigkeit des internationalen Privat- und Strafrechts nicht mehr
geläugnet werden kann und dem Studium dieser Diseiplin, d. h. der Frage
der internationalen Wirksamkeit der einzelnen Rechtssätze, eine grosse Be-
deutung für die richtige Erfassung von Sinn und Geist der inländischen und
ausländischen Rechtsvorschriften und eine nicht zu unterschätzende pädagogi-
sche Kraft für die Ausbildung des juristischen Denkens zuerkannt werden muss.
Das Lehrbuch v. BAr’s beginnt mit einer Litteraturübersicht und zer-
fällt in zwei Bücher, von welchen das erste Buch das „Privat- und
Civilprocessrecht“ in $$ 1—56 behandelt, während das zweite Buch
1) So hat schon mehrfach Professor von LisZT in Halle Vorlesungen über
internationales Privatrecht und Processrecht angezeigt und auch der Unterzeichnete
zeigt trotz des geringen Erfolgs schon seit einer Reihe von Semestern Vorlesungen
über besagte Materie an. Auffallend ist es ihm stets gewesen, dass seine Vorles-
ungen, wenn sie überhaupt zu Stande kamen, meist nur von Ausländern, wie:
Japanern und Amerikanern einerseits, Oesterreichern und Schweizern, deutscher
und welscher Zungen andererseits besucht wurden, während Reichsdeutsche sich
fast nie an denselben betheiligten. Das Letztere mag daher kommen, dass in
Deutschland das internationale Privatrecht nicht obligatorischer Gegenstand für
Rechtshörer ist.